Zur Oper

"Positiv für unsere Fraktion ist selbstverständlich zu hören, dass die Container City an den Wagenhallen mit dem jetzt vorliegenden Vorschlag für den Interimsbau erhalten werden kann. Bekannt dürfte ja sein sein, dass mein Kollege Thorsten Puttenat sich schon vor seiner Zeit im Gemeinderat mit der Agenda Rosenstein in den Wettbewerb zum Rosensteinquartier eingebracht und sich in diesem Zusammenhang auch immer für die Container City eingesetzt hat. Dass sich die Synergieeffekte zwischen den beiden Nutzungen im Falle einer Nachbarschaft tatsächlich einstellen, ist wünschenswert.

Bei aller Freude: Eine Milliarde! Das ist ein Batzen Geld. Auch wenn die Stadt davon „nur“ etwa die Hälfte zahlen würde. Die Tatsache, dass das Geld über 10 Jahre ausgegeben wird, schmälert unser Schlucken über die bloße Zahl ein wenig, weil es sie im Vergleich zu anderen Ausgaben über denselben Zeitraum etwas relativiert. Nichtsdestotrotz bleibt in absoluten Zahlen eine unglaubliche Summe, die nicht für andere Bereiche zur Verfügung stehen wird. Nicht fürs Klima oder bezahlbares Wohnen, nicht für den ÖPNV, nicht für Bildung, auch nicht für andere kulturelle Einrichtungen. Dabei geht es nicht um ein Ausspielen, Herr Serwani. Wir können jeden Euro nur einmal ausgeben und jeder, den wir für die Gesamtlösung für die Oper ausgeben, steht für nichts von all dem, über das wir uns in den kommenden Wochen – und Jahren – bei den wiederkehrenden Beratungen zum Doppelhaushalt verständigen und über jeden EINZELNEN Euro verhandeln werden, zur Verfügung. Definitiv wird in unserer Wählerschaft großer Erklärungsbedarf bestehen, sofern wir zustimmen, vertreten wir doch auch viele Menschen, die nicht nachvollziehen können, warum eine derartig hohe Summe in die Oper investiert werden soll, während an anderen Stellen gespart wird.

Wir haben noch nicht entschieden, wie wir uns zu dem Thema positionieren. Als nicht dem Verwaltungsrat angehörend, erreichen uns viele Informationen erstmal nur aus der Zeitung oder zumindest später als andere Fraktionen. Momentan sind für uns einfach noch viel zu viele Fragen offen, als dass wir eine seriöse Aussage treffen wollen würden.

Wir sehen dabei sehr wohl auch, dass die Oper im kulturellen Bereich eine große Bedeutung, auch weit über Stuttgart hinaus, hat. Wir sehen auch, dass der marode Zustand der Oper seit Jahrzehnten bekannt und nichts passiert ist, was nun zumindest teilweise ein Grund für die hohen Kosten ist. Wie an anderen Stellen auch, an denen Geld lange nicht ausgegeben wurde, geht es nun AUCH darum das Kind, das in den Brunnen gefallen ist, wieder rauszuholen. Wir sehen schließlich auch, im Gegensatz zum Kollegen Kotz beispielsweise, dass es nicht notwendig ist, uns mit einer vergleichbaren Menge Geld einen neuen Leuchtturm für Stuttgart zu bauen, in dem die Oper dann untergebracht wird, wie es Oslo vielleicht gelungen ist und was stellenweise auch als Forderung für Stuttgart zu hören ist. Unser Operngebäude IST ein Leuchtturm – ein wunderschönes, historisch bedeutsames Gebäude, an einem passenden Ort. Und: Grundsätzlich befürworten wir eine Ertüchtigung des Gebäudes und eine zukunftsfähige Oper. Eine Oper, die uns ohne Zweifel Geld kosten wird. Wir schließen dabei Alternativen nicht aus, sehen aber auch, dass bei einem zusätzlichen Standort wie bei der Lösung auf dem S21-Gelände keine Kosten gespart werden und gleichzeitig höhere Betriebstkosten auch auf die Stadt zukommen. Ja, Hannes, du hast es erwähnt, vielleicht wären damit dann mehr Veranstaltungen möglich, aber irgendwo müssen die Zuschauer für diese Veranstaltungen auch herkommen. Die Oper ist heute nicht ausgelastet, die Zuschauerzahlen sind rückläufig, wenn ich richtig informiert bin. Auch dies muss in Überlegungen einbezogen werden.

Dass in der Vergangenheit ohne mit der Wimper zu zucken über immer höhere Summen gesprochen wurde – scheinbar ohne, dass es eine Schmerzgrenze gibt –, stimmt uns nachdenklich. Die vorliegenden Zahlen sollen nun eine REALISTISCHE (Grob-)Kostenschätzung inkl. Risiko darstellen. Für uns bedeutet das, dass wir davon ausgehen, dass die Kosten nun nicht weiter steigen, sondern in diesem Rahmen liegen werden.

Mit dieser Zahl an die Öffentlichkeit zu gehen, sie nicht vorab schönzurechnen, um Zustimmung zu erreichen und dann später zu gestiegenen Kosten weitere Beschlüsse einzufordern, weil man die Baustelle jetzt so ja nicht lassen kann, erfordert nach den noch in der Umsetzung befindlichen Großprojekten, die sich sukzessive verteuert haben, irgendwie auch Mut. Ich möchte momentan das Vertrauen haben, dass wir eine wie Sie, die Sie hier vor uns sitzen, sagen realistische Kostenschätzung vorliegen haben und über ehrliche Zahlen sprechen.

Traurig an der Geschichte – und das möchte ich nicht unerwähnt lassen – ist, dass das überhaupt eine Erwähnung wert ist, weil ich realistische Kostenannahmen voraussetze, um uns Stadträten und allen anderen Entscheidern seriöse und faire Entscheidungen überhaupt zu ermöglichen.

Dass es im Ausnahmefall zu etwas höheren Kosten kommen kann, möchten wir dabei nicht bestreiten, eine Kostensteigerung, wie wir sie beim Bahnhof oder – jüngst erst auf der Tagesordnung – beim Schwanenplatz haben, darf aber nicht die Regel sein. Dass diesbezüglich, nicht nur innerhalb unserer Fraktion, sondern auch in der Öffentlichkeit große Skepsis gegenüber den sowieso schon hohen vorgelegten Kosten besteht und der Glaube daran, dass die Kosten letztendlich nicht noch über diese hohe Zahl hinausgehen, nicht besonders ausgeprägt ist, ist insofern nachvollziehbar.

Wir möchten der Zahl – nicht ohne sie trotzdem zu hinterfragen – gerne Vertrauen schenken, sind auch überwiegend bereit – nicht bedingungslos, aber dennoch bereit – viel Geld für die Oper auszugeben und dies gegebenenfalls auch vor der Bevölkerung zu vertreten. Immerhin – das sei an dieser Stelle auch gesagt – geht es ja auch nicht „nur“ um ein ertüchtigtes Opernhaus. Am Ende stehen zwei Gebäude und zusätzliche Nebenbauten zur Verfügung.

Was bedeutet nun „nicht bedingungslos“?

Hierzu zunächst vielen Dank für die Darstellung der Alternativen und eine weitergehende Darstellung der Kosten.

Es ist schon klar, dass auch ein Neubau für die Oper mit einer auch für eine Alternativnutzung notwendige, nur weniger aufwendige Ertüchtigung des Littmann-Baus nicht für 100 Millionen und auch nicht für 300 zu haben ist. Wir möchten aber in jedem Fall sicherstellen, dass die Kosten mindestens im vorgelegten Rahmen bleiben. Weitere Kostensteigerungen sind für uns nicht mehr drin! Das einkalkulierte Risiko muss reichen. Nicht nur, um einfach nicht mehr Geld auszugeben: Um das Vertrauen in vorgelegte Zahlen zu Großprojekten zurückzugewinnen, wird es unabdingbar sein, dass diese als realistisch angekündigte Schätzung ihren Rahmen nicht verlässt.

Wir werden daher eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Zusammensetzung der Kosten fordern, noch transparenter und schriftlich mit ALLEN Annahmen, die dieser Grobkostenschätzung zugrundeliegen, um zu entscheiden, ob wir die EINZELNEN Annahmen und die daraus folgenden Kosten vertreten können, auch hinsichtlich der Fragen: Wer hat welche Anforderungen an das „neue“ Operngebäude formuliert? Welche Kosten müssen sein, was ist nice-to-have? Welche Aufwände stehen im Verhältnis zu welchen Kosten und zu welchem Nutzen? Muss es beispielsweise tatsächlich die viel diskutierte Kreuzbühne sein oder ist dies vielleicht eine Einschränkung, die man angesichts des hohen Kostenanteils an der Gesamtlösung, vielleicht als Einschränkung hinnehmen muss, wenn man im Bestand bleiben möchte, auch wenn es State of the art ist? Um die Kosten auch für Laien – damit meine ich auch uns Stadträte – nachvollziehbar zu machen, braucht es unabhängige Fachleute, die einschätzen und vermitteln können, ob hier ehrlich gearbeitet wurde und weiter wird und was dies jeweils für den Prozess und Konsequenzen bedeutet. Nicht nur jetzt, sondern als Begleitung in jeder Phase des Projekts. Für uns, die wir nicht im Verwaltungsrat der Staatstheater sitzen, kann dies zusätzlich auch gern im direkten Austausch mit einer Vertretung der Oper, die die Notwendigkeiten erläutern kann, und gemeinsam mit dem Land, das ja den anderen Kostenteil tragen werden muss, stattfinden. Die anderen, die hier sitzen, haben diesen Austausch aber möglicherweise sowieso im Verwaltungsrat. Das entzieht sich meiner Kenntnis.

Wie lässt sich eine solche Entscheidung und Entscheidungsfindung der Stadtgesellschaft vermitteln und wie hat auch sie einen Mehrwert von der Investition in eine Projekt, das in Teilen der Bevölkerung als elitär betrachtet wird?

Eine groß angelegte, ernsthafte Einbeziehung der Bürger – großartig wäre eine Veranstaltung in der Oper – mit Beantwortung offener Fragen aller Interessierten liegt uns hier sehr am Herzen. Skeptisch bin ich hingegen gegenüber einem Bürgerentscheid, der aufgrund der Komplexität des Projekts nur schwer sachlich geführt werden kann. Die Chance zu Missverständnissen, die zur Grundlage von Entscheidungen werden, ist groß – angemerkt sei hier das Gerücht, dass der Intendant ein 500 Quadratmeter großes Büro bekommen soll. Die Diskussion wird sich vermutlich schnell auf eine emotionale Ebene verlagern. Das alles sage ich, obwohl mir sehr viel an einer Einbeziehung der Bürger in die Entwicklung ihrer Stadt liegt.

Wie können wir dafür sorgen, dass es nicht zu weiteren Kostensteigerungen kommt?

Gibt es eine Alternative zum Vorschlag, dass Stadt und Land je 50% der Kosten tragen? Wie ist die Stimmung hinsichtlich des Projekts überhaupt beim Land? Könnte der Anteil des Landes – mit Blick auf die deutlich über die Stadt hinausgehende Ausstrahlung – auch höher sein? Wie setzt sich das Publikum der Oper eigentlich zusammen? Was ist uns die Oper und ihr Renomee wert? Welche Rolle spielt die Oper als Standortfaktor Stuttgarts? Kann im Gegenzug die Förderung der Stadt Stuttgart, die jährlich an die Staatstheater fließt, auf dem jetzigen Niveau eingefroren werden statt regelmäßig zu steigen? Können von den hohen Ausgaben an die Oper auch andere kulturelle Einrichtungen profitieren, beispielsweise weil im Gegenzug ein höherer Förderbetrag auch für die restliche Kultur zur Verfügung gestellt wird?

Welche konkreten Gedanken bestehen zur Nachnutzung eines Interimsgebäudes? Ein Konzerthaus scheint nicht sinnvoll, wie ich jetzt vernommen habe. Die Aussage, dass vielfältige Nutzung durch die Maker City möglich seien, ist mir zu schwammig. Fließt diese Folgenutzung bereits in die Konzeption des Interims ein? Ist dies mit der noch etwas unklaren Nachnutzung überhaupt möglich? Ich finde, das ist notwendig. Sind Umbaukosten, die beim Nutzungswechsel entstehen, bereits einkalkuliert? Wenn ich’s richtig sehe, nicht. Welche Einschränkungen muss die Oper in der Interimszeit möglicherweise hinnehmen, weil die Nachnutzung des Gebäudes andere Anforderungen stellt und dieser als langfristige Nutzung Vorrang eingeräumt werden sollte? Was ist die Minimalanforderung an den Interimsbau für einen angemessenen Opernbetrieb während des Umbaus? Wie sollen die sogenannte Hochkultur und die sogenannte Subkultur als Nachbarn an den Wagenhallen Synergien entfalten?

Und – das Thema war mir noch sehr neu – welche Kostenauswirkungen hat die Option Zuckerfabrik? Und welche städtebaulichen Optionen ergäben sich dafür auch für die Opernseite zur Konrad-Adenauer-Straße hin, die mit ihrer Rückseite, städtebaulich jetzt und perspektivisch definitiv einer Kulturmeile nicht zuträglich ist. Deshalb: Gäbe es denn mit der Option Zuckerfabrik und einem Rückbau der B14 die Möglichkeit einer Ergänzung zur Konrad Adenauer-Straße hin mit kleinteiligeren öffentlichen Nutzungen, um die Kulturmeile an dieser Stelle zu beleben?

Und nicht zuletzt: Was würde mit der Oper passieren, würde die aktuelle Idee keine Mehrheit im Gemeinderat bekommen?

All diese Fragen treiben uns um, schon bevor wir uns in jedes Detail des Vorschlags eingearbeitet haben, um zu einer Entscheidung zu kommen, welche maximale Summe wir bereit sind, für die Oper zu tragen. Bleibt, abschließend zu sagen: Wir hoffen auf einen guten Dialog, der die Fragen beantwortet, sodass wir im Frühjahr gemeinsam eine für alle tragfähige Entscheidung treffen können."