Victor Gögrof (Die PARTEI) über seine Arbeit als PULS-Bezirksbeirat in Feuerbach

Wir finden ja, dass die gute Arbeit unserer PULS-Bezirksbeirät*innen in Stuttgart viel zu wenig gesehen wird. Darum lassen wir in jedem unserer Newsletter eine*n von ihnen auch mal selbst zu Wort kommen. In der dritten Ausgabe erzählt euch Victor Gogröf von Die PARTEI, welche Themen ihn im Bezirksbeirat Feuerbach zuletzt beschäftigten – und warum er einmal (mit amüsanten Folgen) nicht anders konnte, als einem Antrag der AfD zuzustimmen:

Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie ich es geschafft habe, für Die PARTEI für so ziemlich jedes andere Mandat zu kandidieren und dann für die Junge Liste im Bezirksbeirat Stuttgart-Feuerbach zu landen. Das mit Feuerbach ist schnell erklärt: Als ich 2015 nach Stuttgart zog, war das Angebot an bezahlbaren Zimmern so überragend, dass mir die Auswahl des Stadtbezirks praktischerweise abgenommen wurde. Da bei der Jungen Liste die Würfel offenbar anders gefallen sind, konnten sie ihr Überhangsmandat in Feuerbach nicht selbst besetzen und mussten den Sitz unter den neuen Fraktionspartnern verjubeln. Ich nahm das Mandat gerne an, schließlich war die Entscheidung sozusagen alternativlos. Verwirrt, welche Liste nun auf meinem Namensschild stehen sollte, entschied ich mich für "Fraktionsgemeinschaft PULS".

In den ersten Sitzungen fällt mir auf: Die Dinge, die mich allgemein in der Politik stören und dadurch motivieren, aktiv zu sein, treten auf lokaler Ebene viel weniger stark in Erscheinung als "da oben". Man ist nicht sehr weit von den Menschen entfernt, über deren Belange man entscheidet. Genau genommen kann man ihnen kaum aus dem Weg gehen, was eine recht praktische Kontrollfunktion zu sein scheint. Menschen und Vereine mit konkreten Anliegen dürfen meistens direkt in der Sitzung um Unterstützung bitten oder ihren Unmut kundtun. Ja selbst die Verstrickung von Wirtschaft und Politik scheint weniger verwerflich, wenn es sich um den Einzelhandel vor Ort handelt mit seinen eher kleinen Geschäften. Grundsatzdiskussionen beschränken sich überwiegend darauf, welche und wie viele Parkplätze man durch Bäume ersetzen kann, bevor der Einzelhandel mutmaßlich implodiert. Wild.

Unmotiviert, das System auf dieser Ebene radikal verändern zu müssen, schaue ich mir also die Sitzungen an und stimme im Zweifelsfall für "Bäume" oder "Gemeinnütziger Verein bekommt begründeten Zuschuss". Manchmal kommen städtische Planungsämter und stellen ein Konzept für einen Tunnel oder sonstiges Bauvorhaben vor, zu dem wir Fragen stellen dürfen, bevor wir es absegnen. Kurz vor der Abstimmung fällt mir tatsächlich eine Frage ein: "Was passiert eigentlich, wenn wir mehrheitlich 'Nein' sagen?" Nun, dann müsste man das Thema noch mal im Gemeinderat diskutieren und ggf. neu aufrollen. Aber so ein richtiges Vetorecht hat der Bezirksbeirat als beratendes Gremium eigentlich nicht, ebensowenig wie große Mengen an sonstiger Macht. Schade.

Einmal stellt die AfD-Vertreterin einen Antrag, dass im Park direkt vor ihrer Haustür eine Hundekotbeutelstation aufgestellt werden soll. Solche Dinge in öffentlicher Sitzung zu diskutieren ist tatsächlich ein Erlebnis, das einem im Bundestag wohl verwehrt bleibt. Ich bin begeistert und sage ungefähr: "Wir von Die PARTEI begrüßen es, dass die AfD erkannt hat, dass braune Sch*ße widerlich ist und schnellstmöglich fachgerecht entsorgt gehört. Und dass sie bereit ist, dabei auch sozusagen vor der eigenen Haustür zu kehren. Daher werden wir dem Antrag zustimmen." Über diese seltene Unterstützung aus meinen Reihen freute sie sich offenbar so sehr, dass ich wenige Tage später Post bekomme. Die Staatsanwaltschaft informiert mich, dass gegen mich ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung läuft. Auf der Rückseite kann ich etwas ankreuzen: "Bekennen Sie sich schuldig? Ja/Nein". Mit strategischem Ankreuzen habe ich als Wähler zum Glück Erfahrung und drei Monate später ist das Verfahren auch schon wieder eingestellt. Beruhigend.

Neben all den konstruktiven Gesprächen darf man als Bezirksbeirat auf keinen Fall vergessen, vor Ende der Amtszeit auch noch viele gute Anträge zu verfassen und sich damit selbst ein Denkmal zu setzen. Daran arbeite ich natürlich...ähm...mit Hochdruck. Also bestimmt gleich nächste Woche. Bis dahin beste Grüße!

Euer Victor Gogröf

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