Redebeitrag von Ina Schumann zur Videoüberwachung in Stuttgart

Am 11. Mai 2023 sprach PULS-Stadträtin Ina Schumann (Die PARTEI) im Gemeinderat über die Auswertung der fragwürdigen Videoüberwachung in der Stuttgarter Innenstadt – und kam dabei zu einem klaren Fazit. Hier lest ihr Inas Redebeitrag:

"Die Videoüberwachung des Schlossplatzes und Umgebung hat sich in unseren Augen nicht bewährt. Warum? Es handelt sich bei der Videoüberwachung von öffentlichen Bereichen um einen massiven Eingriff in die Grundrechte. Ein solcher muss grundsätzlich gut begründet werden und soll nur geschehen, wenn er nicht durch sanftere Mittel vermieden werden konnte.

Hinzu kommt, dass hier städtische Technik und Infrastruktur von der Stadt finanziert und bereitgestellt, allerdings für eine Landesaufgabe eingesetzt wird. Dies bestätigten die gestrigen Verhandlungen im Verwaltungsausschuss deutlich: Durch zwei Personen in der Videoüberwachung konnten mehrere Einsatzkräfte vor Ort eingespart werden. Die Frage steht also im Raum: Wie viele Kosten hat das Land durch die durch von uns finanzierte Videoüberwachung eingespart?

Doch schauen wir noch mal genauer hin: In 101 Einsatznächten gab es 82 Vorfälle – davon 12 präventiv, der Rest repressiv. Es kann also nicht von einer Präventionsmaßnahme gesprochen werden. Außerdem sind darunter summiert 42 Gewalttaten im weitesten Sinne. Diese sind alle schlimm und tragisch, keine Frage. Was aber aus den in der Vorlage genannten Beispielen hervor geht ist, dass darunter auch ein Rumgealbere mit einem Rasensprenger nachts um 2:24 Uhr fällt. Wo dieser Fall genau einkategorisiert wurde, ist mir immer noch nicht klar, aber wie ich gestern gelernt habe, hätte hierbei bspw. eine Familie mit Kindern – unterwegs zu einer Veranstaltung (nachts um 2:42 Uhr) – getroffen werden können. Dieser extrem realistische und absolut übliche Fall zeigt deutlich, welche Einschätzungen hier getroffen werden. Natürlich arbeiten bei der Polizei nur Menschen, die gezwungen sind, schnell und klar Einschätzungen zu treffen. Jedoch frage ich mich: Wie sicher kann's denn noch werden, wenn man sich nicht mal mehr mit Wasser bespritzen können soll?

Während der Weihnachtsmarkt von LKA und Landespolizei als Veranstaltung mit hohem Gefährdungsrisiko eingeschätzt wurde, der Katholikentag hingegen nicht, stellte sich uns die Frage, wie das sein kann? Die Anzahl von Zwischenfällen an Weihnachtsmärkten scheinen irgendwie geringer zu sein als die in den vergangenen Jahren aufgedeckten Straftaten im Kontext der Katholischen Kirche (nicht nachkalkuliert).

Die Zahlen zeigen deutlich, dass in 80% der Nächte ein einzelner Vorfall stattfand – deutlich weniger als ein Fall je Nacht. Und wenn man noch, wie bereits gesagt wurde, Drogenkonsum-Momente herausnimmt, gab es nur noch in 60% der Nächte Vorfälle. Dies rechtfertigt in unseren Augen nicht, diese Maßnahme fortzuführen.

Wir empfehlen daher eine Umsiedelung der 72 Kameras in den Umkreis des Innenministeriums und des Wasens: Dafür sprechen die jüngst bekannt gewordenen Übergriffe rund um einen Herrn R. bei der Landespolizei sowie die absolut höchsten Zahlen von Gewalt- und Sexualdelikten auf den beiden größten Volksbesäufnissen der Region."