PULS stellt Dimension des Schleyerhallen-Neubaus infrage

Wir müssen über Superlative reden. Der ständige Drang nach einem "höher, schneller, weiter" gehört zwar zum Wesenskern des Sports und damit auch in die Stuttgarter Schleyerhalle. Kommunalpolitisch ist er jedoch ein Imperativ aus einer anderen Zeit. Deshalb stellen wir deren vorgeschlagenen Abriss und Neubau mit Kosten von mindestens 250 Millionen Euro deutlich infrage – und zwar aus mehreren Gründen.

Dass die Schleyerhalle nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entspricht und einer Sanierung bedarf, ist unbestreitbar. "Tatsächlich wurde den Ratsmitgliedern keine tiefergehenden Prüfungen vorgestellt, ob auch eine Instandsetzung im Bestand möglich wäre", sagt PULS-Stadträtin Verena Hübsch. "Uns wird praktisch alternativlos ein Abriss und Neubau als einzige Option vorgeschlagen."

Schon jetzt stößt die Stadt angesichts vieler Großprojekte – besonders im Bereich Kultur und Sport – an ihre Grenzen. Aufgrund von fehlendem Personal in den Ämtern ist die Bugwelle an Aufgaben kaum zu bewältigen. Hinzu kommen die immensen Kosten, zumal in den derzeitigen Planungen große Lücken klaffen. "Es gibt trotz der mehr als 250 Millionen veranschlagten Euro bislang kein solides Mobilitätskonzept für den Neubau", kritisiert Hübsch. So sei zwar von einem Fahrradparkhaus die Rede – das ist bei den aktuellen Kostenplanungen aber noch gar nicht einkalkuliert.

Entsprechend kritisch sieht Verena Hübsch die aktuelle Maßlosigkeit beim "Wettrüsten" der Veranstaltungsorte. "Stuttgart möchte hier in internationalen Größenordnungen mit Millionenstädten wie Frankfurt, München oder Paris mithalten - dabei wäre es viel sinnvoller, eine Kooperation unter den Veranstalter*innen und Kommunen anzustreben", so Hübsch. "Ich habe deshalb in der ersten Diskussion über die Neuplanungen dazu angeregt, über eine Beteiligung an den Kosten mit dem Land und den umliegenden Kommunen zu sprechen.” Schließlich wäre die gesamte Region Stuttgart Nutznießer einer derart großen Halle.

Es geht uns aber auch grundsätzlich um die Frage, wie wir als Stadt ohne eine Bauwende unsere ehrgeizigen Klimaziele erreichen sollen: “Graue Energie ist der entscheidende Hebel beim Klimaschutz, denn der CO2-Rucksack der Baubranche ist gigantisch", mahnt unser klimapolitischer Sprecher Christoph Ozasek an. Der blinde Abriss funktionstüchtiger Gebäude wie der Schleyerhalle untergrabe die klimapolitische Glaubwürdigkeit des Gemeinderats. "Das Klimaneutralitätsziel 2035 können wir nur erreichen, wenn umgehend alle Wunschprojekte auf den Prüfstand kommen", so Ozasek. Auch deshalb drängt die Fraktionsgemeinschaft PULS schon lange darauf, die Scope-3-Emissionen bei allen städtischen Bauvorhaben verbindlich zu berechnen. Bis Mitte 2023 wird die Verwaltung auf Intervention des Gemeinderats eine Fortschreibung der Klimabilanzierungsmethodik vorlegen müssen. Es ist das Gebot der Stunde, bei allen anstehenden Großprojekten keine vorschnellen Fakten zu schaffen, sondern Entscheidungen erst auf Grundlage fundierter Zahlen zu treffen. Und die wird es zur Beschlussfassung über einen Abriss und Neubau der Schleyerhalle im Frühjahr 2023 noch nicht geben.