82/2021 | Nachhaltige Strukturen für Lebensmittelwertschätzung in Stuttgart etablieren

Wir beantragen:

1. Die Stadt Stuttgart unterzeichnet die Motivationserklärung „foodsharing-Städte“ der lokalen Stuttgarter foodsharing-Initiative.

2. Die Verwaltung nimmt Kontakt mit der Stuttgarter foodsharing Regionalgruppe auf, um das Projekt „foodsharing-Städte“ und mögliche gemeinsame Anknüpfungspunkte im zuständigen Ausschuss und/oder Gemeinderat vorzustellen.

Begründung:

Der WWF hat in einer Studie 2015 festgestellt, dass 18 Millionen Tonnen Lebensmittel jährlich in Deutschland entlang der Lebensmittelversorgungskette weggeworfen werden. Diese 18 Millionen Tonnen entsprechen fast einem Drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs in Deutschland, welcher bei 54,5 Millionen Tonnen liegt. [1] Rund 10 Millionen Tonnen davon wären vermeidbar. Für Stuttgart mit über 600.000 Einwohner:innen bedeutet dies rund 75.000 Tonnen genießbare Lebensmittel, die statt in menschlichen Mägen, im Müll, im Kompost oder als Tierfutter enden. Ehrenamtliche Initiativen wie foodsharing tragen nicht nur zu einer Rettung und Verwendung von überschüssigen Lebensmitteln bei, sondern fördern maßgeblich die Sensibilisierung bezüglich des Themas Lebensmittelverschwendung und die Wertschätzung von Lebensmitteln. Hier leisten zahlreiche Menschen ehrenamtlich Tag für Tag einen großen Beitrag hin zu einer sozialeren und nachhaltigeren Gesellschaft. In Stuttgart sind es bereits über 2.500 aktive Lebensmittelretter:innen und die lokale foodsharing-Gruppe wächst seit 2013 stetig. Wichtig hierbei ist, dass die örtlichen Tafeln dabei stets Vorrang haben und foodsharing ausschließlich ergänzend und in Kooperation mit den Tafeln Lebensmittel rettet. Um dieses Thema weiter in die Stadtgesellschaft zu tragen, hat die bundesweite Initiative foodsharing die Bewegung „foodsharing-Städte“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, nachhaltige Strukturen für Lebensmittelwertschätzung zu etablieren, mit Ideen anzuregen und vor allem „die Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft (Foodsaver:innen, sowie Bewohner:innen der Stadt, die bisher noch keine Berührung mit foodsharing hatten) und der öffentlichen Hand (also der Stadt-/Gemeindeverwaltung, Abgeordneten und Bürgermeister:innen)“ zu fördern. [2]

Stuttgart erfüllt bereits 14 der 19 vorhandenen Kriterien, von welchen mindestens zwei benötigt werden, um sich offiziell als foodsharing-Stadt bezeichnen zu können. Hierbei handelt es sich beispielsweise um Kriterien wie Informationsstände in der Stadt oder bei Veranstaltungen, Bildungsarbeit oder Förderung von alternativen Modellen (wie urban gardening o.ä.). Auch mit der Gründung und dem Betrieb des foodsharing Cafés Raupe Immersatt in Stuttgart West ist unsere Landeshauptstadt bereits bundesweiter Vorreiter. Um offiziell als foodsharing-Stadt gelistet werden zu können, ist die Unterzeichnung der Motivationserklärung von Seiten der öffentlichen Hand und seitens Vertreter:innen von foodsharing essentiell. Dies haben bereits einige Städte initiiert, wie unter anderem Jena, Graz oder Remscheid. [3]

Mit der Unterzeichnung der Motivationserklärung „foodsharing-Städte“ setzt sich Stuttgart die Ziele:

- mehr Bewusstsein und eine Reduktion von Lebensmittelverschwendung anzustreben

- eine erhöhte Wertschätzung von und einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern

- die Zusammenarbeit von politischen Akteur:innen, der Zivilgesellschaft und der Stadtverwaltung auszubauen und über Fortschritte öffentlich Auskunft zu geben.

Die Landeshauptstadt Stuttgart kann so u.a. ihre bundesweite Vorbildfunktion beim Thema nachhaltiger und bewusster Umgang mit Lebensmitteln weiter ausbauen und stärken; auch im Hinblick darauf, die globalen sozial-ökologischen und klimapolitischen Herausforderungen konkret lokal anzupacken.

[1] https://www.wwf.de/2015/juni/das-grosse-wegschmeissen/

[2] https://foodsharing.de/?page=content&sub=fsstaedte

[3] https://www.foodsharing-staedte.org/de/stadt