9/2024 | CO2-Schattenpreis den realen Klimafolgekosten anpassen
Begründung
Klimaschäden sind unbezahlbar, doch Verursacher bezahlten viel zu lange keinen Preis für die globalen Folgen ihres Handelns. Die gesellschaftlichen Kosten der seit 1990 in Stuttgart freigesetzten Klimaemissionen summieren sich auf die stolze Zahl von 100 Mrd. Euro (1). Ein anerkannt wirksames Instrument, um für Klimaschäden einen ökonomischen Wert zu ermitteln, ist der CO2-Schattenpreis.
Der bisherigen Beschlusslage des Gemeinderats nach ist dieser 2019 auf 50 Euro pro Tonne festgesetzt worden und bis Ende 2023 auf 95 Euro angestiegen. Jedoch empfiehlt das Umweltbundesamt (UBA) auf Grundlage der Methodenkonvention für im Jahr 2022 emittierte Treibhausgase einen Kostensatz von 237 Euro pro Tonne Kohlendioxid zu verwenden (1% Zeitpräferenzrate) (2). Die vom UBA ermittelten Kostensätze machen deutlich, welchen Nutzen Umweltschutz für die Gesellschaft hat und welche Kosten der Gesellschaft durch unterlassenem Schutz des Klimas entstehen. Sie ermöglichen eine ehrliche Abschätzung der ökonomischen Folgen öffentlicher Investitionen.
Da Emissionen von Kohlendioxid bzw. CO2-äquivalenter Treibhausgase die Hauptverursacher des Klimawandels sind, ist die Einpreisung der realen Klimafolgekosten ein entscheidender Hebel für den globalen Klimaschutz. Auf Deutschland bezogene Schätzungen hinsichtlich der Umweltkosten zeigen die ökonomische Bedeutung allein der durch Luftschadstoffe und Treibhausgase entstehenden Belastungen. So haben die deutschen Treibhausgas- und Luftschadstoff-Emissionen in den Bereichen Straßenverkehr, Strom- und Wärmeerzeugung allein im Jahr 2021 Kosten in Höhe von mindestens 241 Milliarden Euro verursacht. Noch entscheidender sind die sehr hohen Emissionen aus dem Bausektor, die global auf anteilig 38 % bemessen werden, inkl. transportbedingter Emissionen sogar bis zu 50 % des globalen Klimaschadens ausmachen.
Der auf Antrag der Fraktionsgemeinschaft PULS zum Doppelhaushalt gefasste Beschluss, in einem Stufenplan bis 2035 zu einer kommunalen Praxis des klimaneutralen und zirkulären Hochbaus zu gelangen, ist in diesem Zusammenhang ein klimapolitischer Meilenstein. Der CO2-Schattenpreis sollte baldmöglichst bei allen Bauvorhaben frühzeitig in den HOAI-Leistungsphasen sowie bei hochbaulichen Wettbewerbsverfahren zur Anwendung kommen.
Wir beantragen zur Generaldebatte Klimaschutz im Gemeinderat am 01.02.24 folgende Antragspunkte zur Abstimmung aufzurufen:
- Der CO2-Schattenpreis der Stadt Stuttgart wird auf 237 Euro pro 1. Tonne Kohlendioxid angehoben und ab 2025 um jährlich 15 Euro pro Tonne erhöht.
- Alle städtischen Beteiligungsgesellschaften werden angewiesen, diesen CO2-Schattenpreis im eigenen Wirkungshorizont anzuwenden.
Quellen:
(1) 100 Mrd. Euro summierter Klimaschaden: Abschlussbericht "Die klimaneutrale Stadt Stuttgart gestalten. Wie leistet die Stadtentwicklungsplanung einen effektiven Beitrag zum Klimaschutz?" GRDrs 1015/2023.
(2) Gesellschaftliche Kosten von Umweltbelastungen, UBA (10.08.2023): https://www.umweltbundesamt.de/daten/umwelt-wirtschaft/gesellschaftliche-kosten-von-umweltbelastungen