443/2020 | Zu einer zeitgemäßen Public Corporate Governance gehört eine starke Nachhaltigkeit! Jetzt den Kodex für die städtischen Beteiligungsunternehmen anpassen

Interfraktioneller Antrag mit Bündnis 90/Die Grünen.

Hintergrund der Anfrage:

Die UN Agenda 2030 bildet ein Leitziel für nachhaltige Entwicklung der Landeshauptstadt Stuttgart. Auch Unternehmen orientieren ihre Corporate Governance zunehmend an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Agenda 2030 (vgl. z.B. LBBW, Bosch). Der UN Initiative Global Compact, die den Beitrag der Wirtschaft zu übergeordneten Zielen, wie den Sustainable Development Goals (SDGs) fördert, gehören allein in Deutschland über 350 Unternehmen an.

Der Gemeinderat hat beschlossen, die Agenda 2030 mit ihren 17 SDGs aktiv umzusetzen und als Aufgabe der Landeshauptstadt Stuttgart dauerhaft zu verankern (GRDrs 206/2018; GRDrs 1246/2019). Mit der deutschlandweit ersten Bestandsaufnahme anhand von SDG-Indikatoren für Kommunen verfügt die LHS bereits über ein ganzheitliches Monitoring-Instrument zur Umsetzung der SDGs („Lebenswertes Stuttgart. Die globale Agenda 2030 auf lokaler Ebene“). Die städtischen Unternehmen können anhand der SDG-Indikatoren die Wirkungen ihres unternehmerischen Handelns zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele erfassen. Die Fortschreibung der Public Corporate Governance für die LHS muss diese Orientierung an der Agenda 2030 berücksichtigen.

Mit der Richtlinie „Public Corporate Governance (PCG) für die LHS Stuttgart“ von 2006 hat die Stadt Stuttgart eine Vorreiterrolle angenommen, in dem sie für ihre Beteiligungsunternehmen die Standards für verantwortungsvolle Führung von öffentlichen Unternehmen gesetzt hat. Die Vorgaben dienen als Maßstab guter Unternehmensführung und Kontrolle in öffentlichen Unternehmen der Landeshauptstadt, wobei das Gemeinwohl eine zentrale Rolle spielt.

Die aktuelle Fassung der PCG hat seit neun Jahren Bestand. Seit der letzten Aktualisierung 2011 hat in der Landeshauptstadt jedoch das Thema „Nachhaltigkeit“ nochmals eine deutlich größere Bedeutung erlangt. Auch deshalb ist die Umsetzung und teilweise Implementierung der „Gemeinwohlökonomie“ bei städtischen Betrieben vor einigen Jahren eingeführt worden.

Mit der GRDrs 688/2020 wird die Public Corporate Governance jetzt fortgeschrieben. Wir erachten es somit zeitgemäß, dass dabei ein verstärkter Fokus auf die Themen der Nachhaltigkeit und der Gemeinwohlökonomie gelegt wird. Mit dem jetzigen Vorschlag wird das Thema „Nachhaltigkeit“ erstmalig im PCG aufgenommen (Teil A, 3.2.15). Wir begrüßen diese Änderung ausdrücklich. Als Stadt sieht sich Stuttgart aber zur Einhaltung der SDGs verpflichtet und hat etwa die entsprechende Mustererklärung des Deutschen Städtetags zur lokalen Umsetzung der Agenda 2030 unterzeichnet (GRDrs 206/2018).

Angelehnt an die Vorschläge des Rates für nachhaltige Entwicklung, der Anpassungen des PCG Kodexes des Bundes zur besseren Berücksichtigung der Nachhaltigkeit gemacht hatte, schlagen wir eine Stärkung des Nachhaltigkeitsgedankens auch in der Stuttgarter Richtlinie vor.

Das Thema „Gemeinwohlökonomie“ findet bisher keinen Eingang in die Public Corporate Governance. Auch hier stellen wir uns eine Aufnahme in die PCG und damit eine Stärkung dieses Bereichs vor.

Wir beantragen:

1. In der Präambel wird in die Aufzählung der Ziele eingefügt:

- „dass das Bewusstsein für eine gute Corporate Governance und der Vielfalt von Wirkungszusammenhängen zwischen unternehmerischem Handeln und Aspekten einer nachhaltigen Entwicklung erhöht wird; orientiert an der Agenda 2030 Globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, kurz SDGs)“

Weiter wird eingefügt:

2. In Teil A

- 1/Gesellschafter: „Nachhaltiges Handeln spielt für die Landeshauptstadt eine zentrale Rolle. Dadurch werden die natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen geschützt und erhalten“

- 2/Aufsichtsrat: Der Satz „(…) Steuerungs-, Kontroll- und Risikomanagementsystems durch die Geschäftsführung“ wird wie folgt geändert: „(…) Steuerungs-, Kontroll-, Nachhaltigkeits- und Risikomanagementsystems durch die Geschäftsführung. Maßgeblich sind dabei die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, wie sie in den Sustainable Development Goals (SDGs) formuliert sind.

- 3/Geschäftsführung: „Sie informiert den Aufsichtsrat und die Beteiligungsverwaltung regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance“ die Worte „und der Nachhaltigkeitsstrategie“

- 3/Vergütung: Vergütung, wird nach „Kriterien für die Angemessenheit der Vergütung bilden insbesondere die Aufgaben des Geschäftsführungsmitglieds, seine Leistung sowie die wirtschaftliche Lage, der nachhaltige Erfolg und die Zukunftsaussichten des Unternehmens unter Berücksichtigung seines Vergleichsumfeldes aber auch die im betreffenden Unternehmen geltende Vergütungsstruktur“ der Zusatz „sowie sein Beitrag zu unternehmerischen Nachhaltigkeitszielen“ hinzugefügt.

3. „Die Geschäftsführung soll die WIN-Charta des Landes Baden-Württemberg, die Gemeinwohl-Bilanz oder ein anderes geeignetes Nachhaltigkeitsmanagementsystem einführen, um damit eine Nachhaltigkeitsstrategie für das Unternehmen zu entwickeln.“ Dazu soll die Stuttgarter Bestandsaufnahme anhand der SDG Indikatoren als ganzheitliches Monitoringinstrument eingesetzt werden (Lebenswertes Stuttgart. Die globale Agenda 2030 auf lokaler Ebene – Bestandsaufnahme auf Grundlage von STG Indikatoren).

4. Eine Überarbeitung des gesamten PCG hinsichtlich der Verwendung einer gendergerechten Sprache anstelle des generischen Maskulinums oder einer ausschließlich männlichen Form (wie beispielsweise im Pkt. 3.1.1 Geschäftsführung).

5. Pkt. 3.2.14 wird umformuliert wie folgt: Die Geschäftsführung soll bei der Besetzung von Führungsfunktionen im Unternehmen unter Berücksichtigung der fachlichen und persönlichen Eignung auch auf Vielfalt (Diversity) achten. Dabei strebt sie eine Berücksichtigung von Frauen* und Männern* zu gleichen Anteilen an. Sie soll auf eine gleichstellungsförderliche Unternehmenskultur mit gleichen Entwicklungschancen für alle Geschlechter sowie auf die Wertschätzung der Vielfalt von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinwirken.