204/2021 | Neukonzeption der Werbung im öffentlichen Straßenraum – Chancen der Digitalisierung für Kultur und Gemeinwohl nutzen, Werbebeirat einführen

Interfraktioneller Antrag mit Bündnis 90/Die Grünen, Die FrAKTION, SPD.

Begründung:

Bei der „Neukonzeption der Werbung im öffentlichen Straßenraum“ (GRDrs 91/2021) wollen wir uns nicht damit begnügen, die Anzahl der Litfaßsäulen und der Gehwegabschrankungs-Standorte zu regeln. Mit der Neukonzeption verbinden wir die Chance, neue Möglichkeiten, die sich aus der Digitalisierung ergeben, so zu nutzen, dass sie nicht nur kommerziellen, sondern auch kulturellen, dem Gemeinwohl dienenden oder identitätsstiftenden Angeboten zugutekommen und dadurch beitragen, ein attraktives städtisches Leben zu fördern, z.B. über eine städtische Kampagne zum Klimaschutz, über die Veröffentlichung der aktuellen Inzidenzzahlen, über Eilmeldungen und vieles mehr.

Gleichzeitig wollen wir seit Jahren bekannte, in gegenwärtigen Verträgen nicht zufriedenstellend geregelte Vereinbarungen – wie sie beispielsweise in der Beantwortung zur Anfrage 27/2015 aufgeführt sind − verbessern.

Zudem haben wir im Blick, dass vor allem Veranstaltungsbetriebe, Clubs und Kultureinrichtungen, Gastronomie und Einzelhandel, bevorzugt auf die frequentierten Innenstadtbereiche setzen und gerade auch beim Corona-Neustart Unterstützung brauchen. Die Bezahlbarkeit für geförderte und kommerzielle Kulturveranstalter muss gewährleistet sein.

Und selbstverständlich wollen wir weder, dass der öffentliche Raum „übermöbliert“, noch dass die Verkehrssicherheit beeinträchtigt wird.

Dabei ist für uns aber auch wichtig, eine ausgewogene Balance zwischen Status Quo und Zukunftsszenario zu finden. Das zeigt die Diskussion mit den unterschiedlichsten Beteiligten in den letzten Wochen. Besonderes Augenmerk erfordert dabei auch der Bedarf, der durch die Auswirkungen der Pandemie an Werbemöglichkeiten gestellt wird.

Wir beantragen daher:

1. Nach dem Vorbild von Städten wie München, Wuppertal oder Magdeburg richtet die Stadt Stuttgart einen Werbebeirat ein. Der Werbebeirat ist zuständig für die Aufteilung und transparente Darstellung des unter Punkt 4 dargestellten städtischen Anteils; für die Gewährung kostenloser oder kostengünstiger Angebote. Gemeinsam mit den Vertragspartnern arbeitet er an der Weiterentwicklung und Optimierung der Werbekonzeption. In Ergänzung zum Deutschen Werberat können durch ihn nicht nur Beschwerden verfolgt, sondern auch unzulässige Inhalte diskutiert werden und im Besonderen auch Strategien beraten werden, mit dem Ziel, solche Inhalte zu vermeiden. In die Gesamtbetrachtung gehören für uns auch die Werbeflächen der SSB, weswegen wir wollen, dass auch die SSB im Werbebeirat einen Platz hat. Dem Werbebeirat sollen aus unserer Sicht neben Mitgliedern des Gemeinderats auch Vertreter*innen der Abteilungen und Ämter Kommunikation, Kultur und Sport, in.stuttgart, Stuttgart Marketing, die Gleichstellungsstelle sowie Vertreter*innen der SSB angehören.

2. Punkt 1.4. der Vorlage Neukonzeption der Werbung im öffentlichen Straßenraum (GRDrs 91/2021) „Litfaßsäulen“ wird wie folgt abgeändert:

Die bisher 620 Litfaßsäulen werden beibehalten. Weitere bis zu 30 zusätzliche Standorte werden ausgewiesen. Litfaßsäulen werden ausschließlich für kostengünstige Ankündigung von Kultur-, Sport-, städtischen und Vereinsveranstaltungen genutzt.

3. Punkt 1.6 Gastspiel- und Veranstaltungswerbung an Fußgängerabschrankungen (GWA):

a) Die Zahl der Standorte wird auf die vom Tiefbauamt als stadtbildverträglich und unter Verkehrssicherheitsaspekten akzeptable Anzahl von maximal 120 reduziert. In einem ersten Schritt solle eine Übergangszeit von 3 Jahren verhandelt werden. In dieser Zeit werden die neuen Kultur- und Veranstaltungswerbeformate im Bereich der digitalen Werbung und die hinzugewonnenen Flächenanteile im Bereich der Säulen evaluiert werden.

b) Die Standorte in der Innenstadt bleiben erhalten.

c) Es werden keine neuen Standorte geschaffen.

d) Die Stadt sichert sich vertraglich die Möglichkeit, Standorte zu kündigen, sollten diese zu Sicherheitsmängeln führen oder aus stadtgestalterischen Aspekten sinnvoll sein.

e) Die Werbeträger können in Sandwichform ausgeführt werden.

f) Eine Maximalzahl von 700 Werbeträgern soll nicht überschritten werden.

g) Die im Oktober 2021 in einer Pilotphase zusätzlich hinzukommenden 500 Werbeträger (Sandwichrahmen) sollen als besonders günstige Werbeflächen insbesondere der Ankündigung von lokalen Kulturproduktionen/Sportereignissen/Veranstaltung dienen.

4. Punkt 1.9 wird abgeändert wie folgt:

Die Anlagen 1.1 bis 1.5 werden je hälftig mit kommerzieller Werbung und mit städtischen Inhalten bespielt. Der städtische Anteil soll kulturellen, dem Gemeinwohl dienenden oder identitätsstiftenden Angeboten zugutekommen. Wie sich der städtische Anteil gestaltet (Kontingente, Zuständigkeit bei der Zuteilung der Werbeflächen/analog bzw. Werbezeiten/digital) ist durch einen Werbebeirat noch zu konkretisieren.

5. Wir begrüßen, dass hinsichtlich elektronischer Werbeträger mit den künftigen Vertragspartnern vereinbart wird, dass sie mit höchster Effizienz nach Stand der Technik unter Einsatz von energieeffizienter und Lichtverhältnisse reagierende LED-Technik umzusetzen sind, die auch den besonderen Schutzbedürfnissen der Anwohner*innen Rechnung trägt; dass ihr Energieverbrauch so weit wie möglich mit solarer Stromerzeugung zu decken ist und der Restverbrauch mit Ökostrom; eine Installation von Kameras an den Werbeträgern ausgeschlossen wird und sonstige elektrische Zusatzleistungen genehmigungspflichtig sind.

6. Digitale Werbeträgersysteme sollen einfach buchbar und auch kurzfristig reagierend gestaltet werden, um damit für alle Beteiligten die Vorteile ausspielen zu können, die eben die neuen digitalen Werbemöglichkeiten bieten.

7. Da wir die Begrenzung auf 40 % digitaler Werbeträger auf 10 Jahre angesichts einer rasanten Entwicklung im Bereich Digitalisierung nicht für zielführend halten, beantragen wir diese Begrenzung bei den Ziffern 1.1 und 1.2 zu streichen.

8. Die geplanten Ausschreibungen bei den analogen Werbeanlagen sind grundsätzlich mit einer Laufzeit von 5 Jahren vorzusehen.

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