20/2024 | Mehr Transparenz für die Kreispflegeplanung 2035

Interfraktioneller Antrag von Die FrAKTION, CDU, SPD und PULS

Wir fragen:

1. Wer hat mit welcher Begründung entschieden, dass auf die Status-Quo-Berechnung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) bei der Fortschreibung der Kreispflegeplanung für 2035 umgestellt wird?

2. Wie viele Pflegebedürftige wurden von den Einrichtungen der stationären Langzeitpflege 2023 aufgrund von Platzmangel abgewiesen?

3. Welche Begründungen gibt es für den Rückgang des Anteils der Pflegebedürftigen in der stationären Langzeitpflege auf 24 Prozent?

4. Wie viele Plätze in den Pflegeheimen sind aufgrund von Pflegepersonalmangel geschlossen – Stichtag 31. Januar 2024?

Wir beantragen:

1. Die Verwaltung nimmt in die Fortschreibung der Kreispflegeplanung die Zahl der auf den Wartelisten der Einrichtungen stehenden Interessent:innen für stationäre Pflegeplätze auf.

2. Darüber hinaus führt die Verwaltung die bisherige Methodik und Berichterstattung zur Fortschreibung der Kreispflegeplanung aus den Jahren 2014 bis 2019 fort und stellt diese dem Gemeinderat dar.

3. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg beantragen wir, dass der Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung einer baldmöglichst anzuberaumenden gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse SGA und STA des Gemeinderats gesetzt wird, um über die Fragen und Antragspunkte zu beraten und zu beschließen.

Begründung:

Die Fortschreibungen der Kreispflegeplanung stellten in ihrer bisherigen Struktur mit den Übersichten zum stationären Pflegeplatzbedarf nach räumlicher Differenzierung (Innenstadt/ Nord/ Filderbereich und Neckarvororte) eine unverzichtbare Grundlage bei Grundstückssuchläufen für Pflegeplätze dar.

Schon 2022 wurde von der Kommunalen Pflegekonferenz ein Rückgang des Anteils der stationären Pflege in Stuttgart festgestellt. Während 2009 der Anteil noch bei 39 Prozent lag, sank er 2022 auf nur noch 24 Prozent. Zugleich ist die ambulante Versorgung alter Menschen gestiegen. Das kann eine erfreuliche Nachricht sein, denn die meisten Menschen wünschen sich, in ihrem vertrauten Zuhause möglichst lange bleiben zu können. Dafür sind ambulante, wohnortnahe Pflegedienste eine wesentliche Voraussetzung.

Leider ist es sehr vereinfachend, wenn der Wunsch nach Verbleib im eigenen Heim vorwiegend positiv interpretiert wird. Denn die Pflege wird nicht immer nur ambulant oder von Familienangehörigen übernommen, weil es dem Wunsch der zu pflegenden Person entspricht. Vielmehr gibt es (viele) Fälle, die im Dunkelfeld bleiben, sozusagen „verdeckte stationäre Pflegebedürftigkeit“.

Deshalb stellt sich die Frage nach der Begründung für diesen Rückgang. Ist die ältere Bevölkerung inzwischen „gesünder“ und benötigt aufgrund dessen weniger professionelle Pflege oder kann (oder: können es sich viele Menschen) sie es sich schlichtweg aufgrund der gestiegenen Preise für das Pflegeheim nicht mehr leisten? Oder überlegen es sich pflegebedürftige Menschen inzwischen zweimal, ob sie überhaupt in ein Pflegeheim gehen möchten, bei der negativen Berichterstattung? Oder stehen die Pflegebedürftigen auf langen Wartelisten und versuchen mit ambulanten Diensten die Wartezeiten zu überbrücken?

Um zu einer klareren Darstellung der Zahl der notwendigen Pflegeheimplätze zu kommen, benötigen wir für die Kreispflegeplanung auch die Zahlen der Menschen, die gerne einen Platz in der stationären Langzeitpflege hätten. Damit kann der (verdeckte) zukünftige Bedarf an stationären Pflegeplätzen besser abgeschätzt werden, auch wenn es zu Unschärfen durch etwaige Mehrfachnennungen kommen kann.

Die 2023 vorgelegte Fortschreibung der Kreispflegeplanung unterscheidet sich drastisch von denen der Jahre 2014 bis 2019. Früher wurden die Zahlen an fehlenden Pflegeplätzen mit räumlicher Zuordnung aufgeführt und potentielle Orten aufgelistet, an denen Plätze geschaffen werden können. Diese Fortschreibung fehlte in der aktuellen Vorlage von 2023. Folge ist, dass man nicht mehr konkret nachvollziehen kann, wie hoch der Bedarf an Pflegeplätzen in den einzelnen Stadtbezirken ist. Außerdem stellte die bisherige Differenzierung nach Platzzahlen für ambulant betreute Pflegewohngemeinschaften, altengerechtes Wohnen und Pflegeheimplätzen ein wichtiges Frühwarnsystem dar und war somit wichtig für einen künftigen Handlungsbedarf.

Fallen diese Entscheidungsgrundlagen weg, hätte dies die Folge, dass man im Stadtentwicklungsausschuss nicht mehr adäquat mit Grundstückssuchläufen reagieren kann. Auch eine geplante, zukunftsorientierte Quartiersplanung wird so unnötig erschwert.

Wir müssen im Zuge der soziodemografischen und auch gesellschaftlichen Entwicklungen von einem steigenden Pflegeplatzbedarf ausgehen. Wir plädieren daher dafür, dass das bisherige transparente Vorgehen fortgesetzt wird.