81/2024 | Für gutes und bezahlbares Wohnen: Zusammenarbeit mit dem Bündnis für Wohnen konkretisieren

Interfraktioneller Antrag von Die Grünen und PULS

Wir begrüßen die Wiederaufnahme der Gespräche zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und der Stuttgarter Wohnungswirtschaft sowie die Arbeitsergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen. Dies hatten wir bereits mehrfach, so mit dem Antrag 117/2021, eingefordert.

Auch sehen wir die derzeit schwierige Situation für den Wohnungsbau durch die stark angestiegenen Preise für Baumaterialien und die hohen Zinsen für Baukredite. Daher begrüßen wir, dass die Verwaltung einige der von uns im Antrag 89/2023 „Gemeinsam Wohnraum schaffen – Bündnispartner stärker unterstützen“ gemachten Vorschläge um die Situation des Wohnungsbaus in Stuttgart zu verbessern, aufgegriffen hat. Dazu gehören die Aufnahme von sachkundigen Einwohner*innen (SKE) aus dem Bereich des „Bündnis für Wohnen“ in den Unterausschuss Wohnungsbau oder die Fortsetzung der Gespräche am Runden Tisch im Baurechtsamt.

Das gilt auch für die Energiepartnerschaft für Stuttgart, denn um die Klimaneutralität 2035 zu erreichen, muss der Energieverbrauch im Gebäudebestand deutlich reduziert und daher die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden vorangetrieben werden. Das gelingt nur mit einer gemeinsamen Anstrengung aller. Und hilft auch den Mieter*innen bei den Warmmieten sowie den Wohnungsbauunternehmen, um die eigene Immobilie fit für die Zukunft zu machen.

Die Bekundung des gemeinsamen Interesses von Stadtverwaltung und Wohnungswirtschaft, die Zahl der geförderten Wohnungen sowie die Zahl städtischer Belegungsrechte zumindest stabil zu halten sowie die Ergebnisse in der Arbeitsgruppe „Wohnen für Alle“, ist bei der derzeitigen Lage durchaus anzuerkennen. Wie dieses Ziel erreicht werden soll, ist allerdings noch nicht unterfüttert.

Durch die vom Gemeinderat beschlossene Neufassung des Grundsatzbeschlusses Bauen und Wohnen (GRDrs 146/2021) wurden hier bereits große Fortschritte erreicht, mit einer Mindestquote von 40 Prozent Sozialmietwohnungen und bis zu 95 Prozent gefördertem bzw. preisgedämpften Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken. Eine nun angedachte Erhöhung der Quote bei Sozialmietwohnungen im Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) auf 30 Prozent zusätzlich zu den 10 Prozent für den preisgedämpften Mietwohnungsbau ist ein weiterer.

Doch allein durch Neubau kann das Ziel, die Zahl günstiger Mietwohnungen und städtischer Belegungsrechte mindestens stabil zu halten, nicht erreicht werden. Gerade angesichts auslaufender Belegungs- und Mietpreisbindungen ist deren Verlängerung hier grundlegend. Das war auch Ziel und Grundlage des ersten „Bündnis für Wohnen“. So war hier eine der Verpflichtungen, die Schaffung von neuen zusätzlichen Belegungsrechten, insbesondere im Bestand. Hier fallen die neuen Eckpunkte deutlich zurück.

Insbesondere, da kostendeckende Mieten im Neubau durch die Kostensteigerungen deutlich über dem liegen, was für Menschen mit durchschnittlichem Einkommen in der Regel bezahlbar ist, hat die Stadt aber mehr denn je die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass auch gerade Menschen mit geringem Einkommen für sie bezahlbaren Wohnraum finden. Daher müssen Wege gefunden werden, den Anteil dieser Wohnungen am Wohnungsbestand in Stuttgart nicht nur stabil zu halten, sondern perspektivisch zu erhöhen. Hier ist die Anschlussförderung ein gutes Instrument, um Wohnungen langfristig als Sozialmietwohnungen in der Bindung zu halten, zu der viele Unternehmen der Wohnungswirtschaft, insbesondere viele Genossenschaften, ja auch durchaus bereit sind.

Viele der in den Anlagen 1 und 2 genannten Punkte sind allerdings noch sehr unkonkret. Und widersprechen teilweise auch bestehenden Beschlüssen. So ist der Verweis beim Scoring- System auf die SIM-Quote schlicht veraltet, da bei der Vergabe städtischer Grundstücke bereits die deutlich höheren Quoten für den geförderten Wohnungsbau der GRDrs 146/2021 gelten. Andere Teile sind mittlerweile ebenfalls obsolet. So wurde das Förderprogramm für Eigentumswohnungen eingestellt und muss nun zunächst überarbeitet werden. Schon allein aus diesem Grund sind von der Stadt geförderte Eigentumswohnungen derzeit keine Alternativoption zu den im Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) zu ergänzenden 10 Prozent mietpreisgedämpfter Wohnungen. Die Erarbeitung „weiterer Erfüllungsoptionen“ für nicht bestandserhaltende Wohnungsunternehmen ist dagegen schlicht überflüssig, denn diese sollten in das geplante Scoring-System eingearbeitet werden.

In diesem Sinne verstehen wir die Anlagen zur GRDrs 13/2024 als Absichtserklärung im Sinne einer Verständigung über die Fortsetzung des „Bündnis für Wohnen“, die wir zur Kenntnis nehmen. Die aber nun zeitnah weiter konkretisiert und durch entsprechende Beschlussvorlagen unterfüttert werden müssen.

Daher beantragen wir:

1. Die Anlagen 1 und 2 zur GRDrs 13/2024 „Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und der Stuttgarter Wohnungswirtschaft für gutes und bezahlbares Wohnen in Stuttgart“ werden als Absichtserklärung von Verwaltung und Wohnungswirtschaft vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen und im weiteren Prozess ausgearbeitet, konkretisiert und mit entsprechenden Beschlüssen unterfüttert. Die GRDrs 13/2024 ist dementsprechend anzupassen.

2. Die Verwaltung legt dem Gemeinderat eine Liste der Mitglieder des „Bündnis für Wohnen“ vor und ergänzt diese als Anlage zur GRDrs 13/2024.

3. Der Gemeinderat ist in den weiteren Prozess und den fortzusetzenden Dialog mit der Wohnungswirtschaft künftig entsprechend frühzeitig einzubinden.

4. Um diesen Austausch anzugehen und zudem die verschiedenen Anträge zur GRDrs 13/2024 nebst Anlagen angemessen zu behandeln, wird die GRDrs 13/2024 zunächst im nächsten Unterausschuss Wohnungsbau aufgerufen. Zu dieser Sitzung werden die Mitglieder des „Bündnis für Wohnen“ (BfW) eingeladen, die vorliegenden Anträge im Rahmen der Vorlage aufgerufen und mit den Mitgliedern des BfW diskutiert. Dafür legt die Verwaltung im Vorfeld eine abgestimmte Beurteilung und ggf. Vorschläge zu einer Übernahme/modifizierten Übernahme der diversen Antragspunkte vor, um eine geordnete Diskussion zu ermöglichen.

5. Um den Austausch dauerhaft zu institutionalisieren, wird der Unterausschuss Wohnungsbau im Rahmen der neuen Regelung zur neuen Legislaturperiode um Sachkundige Einwohner*innen (SKE) aus dem Bereich des „Bündnis für Wohnen“ ergänzt, analog zum Unterausschuss Mobilität. Dabei werden insbesondere die Mitglieder der ARGE Wohnen berücksichtigt (Antrag 89/2023).

6. Für die Stadt Stuttgart ist die Verlängerung von auslaufenden Mietpreis- und Belegungsbindungen ein wichtiges soziales Ziel angesichts des steigenden Bedarfs an gefördertem Wohnraum in der Stadt. Die Verwaltung stellt dar, wie viele der derzeitigen Mietpreis- und Belegungsbindungen in den nächsten Jahren auslaufen und wie angesichts dessen aus Sicht der Verwaltung die Anzahl der geförderten Wohnungen mindestens auf dem derzeitigen Stand gehalten und perspektivisch erhöht werden kann. Die GRDrs 13/2024 wird dementsprechend angepasst.

7. Zu den in Anlage 1 genannten Inhalten sind zeitnah entsprechende Beschlussvorlagen zu erarbeiten und dem Gemeinderat zu Beratung und Beschluss vorzulegen:

a. Die Verwaltung erarbeitet bis Ende Mai eine Beschlussvorlage zur Anpassung des Stuttgarter Innenentwicklungsmodell (SIM) auf 30 Prozent Sozialmietwohnungen gemäß Landeswohnraumförderungsprogramm plus 10 Prozent mietpreisgedämpfte Wohnungen (10 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete), vgl. Antrag 83/2023.

b. Die Verwaltung erarbeitet bis Ende Mai eine Beschlussvorlage für das neue städtische Förderprogramm für Sozialmietwohnungen und stellt dar, wie auch bei laufenden Projekten eine Umstellung vom Förderprogramm für mittlere Einkommensbezieher*innen auf Sozialmietwohnungen erfolgen kann (Antrag 217/2023).

c. Weitere Themen wie die SIM-Anpassungen bei den Kitakosten, Anpassungen bei der Infrastrukturpauschale/Mieten sowie Wohnen+ sind in den Arbeitsgruppen des BfW mit der Verwaltung zu bearbeiten und dem Gemeinderat bis Ende des Jahres entsprechend vorzulegen. Die GRDrs 13/2024 ist dementsprechend zu ergänzen.

8. Grundlage für den Wohnungsbau auf städtischen Grundstücken bleibt die Neufassung des Grundsatzbeschlusses „Neuausrichtung Bodenpolitik” (GRDrs 146/2021). Daran orientiert sich auch das noch zu entwickelnde Scoring System, welches möglichen Mitgliedern eines künftigen „Bündnis für Wohnen“ eine Option zwischen Erbbau oder Verkauf ermöglichen soll. Das Scoring-System als eine elementare Grundlage für die Vergabe städtischer Grundstücke ist mit der Wohnungswirtschaft, aber auch mit dem Gemeinderat auszuarbeiten. Die transparente Festlegung der relevanten Zusagen sowie ein entsprechendes Monitoring sind damit grundlegend für die Vergabe städtischer Grundstücke.

Punkte können durch die Verlängerung auslaufender Bindungen sowie durch zusätzliche Mietpreis- und Belegungsbindungen im Bestand erzielt werden. Für Nicht- Bestandshalter werden weitere Erfülloptionen erarbeitet, so durch höhere Quoten beim geförderten Wohnungsbau als in der GRDrs 146/2021 bereits festgelegt oder durch zusätzlich bereitgestellte Wohnungen im Programm Wohnen+.

Über einen Zwischenstand zu diesen Verpflichtungen und deren Bewertung in einem transparenten und von allen Seiten nachzuvollziehenden System wird dem Gemeinderat zeitnah berichtet und anschließend eine entsprechende Beschlussvorlage vorgelegt. Die GRDrs 13/2024 ist entsprechend zu ergänzen.

9. Darauf aufbauend gilt es, einen weiteren Antrag, der mehrheitlich beschlossen wurde, in die künftigen Planungen hinsichtlich eines „Bündnis für Wohnen 2.0“ sowie in das geplante Scoring-System miteinzubeziehen: „Gemeinschaftsbildende Wohnungstypologien für eine sozial-ökologische Stadtentwicklung” (Antrag 275/2022). Hierzu beauftragen wir die Verwaltung, eine Vorlage zu allen vier Antragspunkten zu erarbeiten.

10. In der nächsten Sitzung des Unterausschuss Wohnungsbau wird zudem über den Stand zu einem Ausbau des unterstützenden städtischen Sozialmanagements und eine Erweiterung auf den Kreis der Nutzungsberechtigten auf die Bündnispartner (Antrag 89/2023) sowie zur externen Beratungsstelle gemeinschaftliches Wohnen (Antrag 1035/2023) berichtet.

11. Im Rahmen der laufenden Prozess- und Organisationsuntersuchung der Bauantrags- und Bebauungsplanverfahren wird auch untersucht, mit welchen kurzfristig umsetzbaren Maßnahmen Bebauungsplanverfahren verkürzt werden können. Ein Zwischenbericht dazu wird dem Gemeinderat bis zur Sommerpause vorgestellt.

12. Neue Beschlüsse im Bereich des Wohnbaus fußen auf Grundlage bereits gefällter Beschlüsse. Bezüglich städtischer Grundstücke heißt es in der GRDrs 146/2021, „Neuausrichtung Bodenpolitik” unter Antragspunkt 2: „Im Geschosswohnungsbau ist die Konzeptvergabe unter sozial geleiteten konzeptionellen Erwartungen und Erwägungen maßgeblich.” Da die dafür notwendigen Kriterien der Konzeptvergabe bislang nicht definiert wurden, beauftragen wir die Verwaltung, eine Vorlage zur Konzeptvergabe-Praxis im Geschosswohnungsbau vorzulegen.