192/2023 | Chancen von Künstlicher Intelligenz für die Stadtverwaltung jetzt nutzen

Wir beantragen:

Die Verwaltung stellt dem Gemeinderat zur Vorbereitung des Doppelhaushaltes vor der sitzungsfreien Sommerpause eine schriftliche Stellungnahme zur Verfügung:

1. Das Amt für Digitalisierung, Organisation und IT (DO.IT) berichtet:

a. In welchen Fachämtern und für welche Prozesse wird bereits Künstliche Intelligenz (KI) in der Stadtverwaltung eingesetzt?

b. Wie sieht die KI-Strategie von DO.IT für die Haushaltsjahre 2024 und 2025 aus?

c. In welchen Fachämtern und für welche Prozesse ist die Implementierung von KI in den Haushaltsjahren 2024 und 2025 geplant?

d. Wie organisiert und begleitet DO.IT die Implementierung und den Einsatz von KI in den einzelnen Fachämtern?

2. Wie viel Stellen stehen DO.IT und den einzelnen Fachämtern derzeit für die KI-Implementierung zur Verfügung?

3. Welche Fachämter werden bei der Implementierung von KI derzeit priorisiert?

4. Gibt es in der Stadtverwaltung bereits Arbeitsanweisungen, die Mitarbeitenden den Einsatz von KI in bestimmten Arbeitsprozessen vorschreiben?

5. In welcher Form dürfen die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung im eigenen Arbeitsbereich bereits freiwillig auf unterstützende KI-Chatbots wie Chat-GPT zurückgreifen?

Begründung:

Derzeit wird berechtigterweise auf politischer Ebene nach verbindlichen Regeln für den Einsatz von KI in unserer Gesellschaft gesucht. Gleichzeitig dürfen in dieser Debatte die Chancen von KI nicht aus den Augen verloren gehen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels muss die Stadtverwaltung aus der Not eine Tugend machen und KI schnellstmöglich zur Unterstützung der Mitarbeiterschaft zum Einsatz bringen, soweit dies rechtlich möglich ist.

Die Verwaltung sollte den schnelllebigen digitalen Wandel zum Anlass nehmen, kritisch zu hinterfragen, welche Prozesse intern automatisiert werden können. Nur so kann ein funktionierender bürgernaher Service dauerhaft aufrecht erhalten werden. Denn der Einsatz von KI ersetzt keine Mitarbeiterschaft, sondern unterstützt sowie entlastet diese und stellt für alle Bürger*innen fachlich korrekte Entscheidungen sicher.

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation zieht u. a. folgendes Fazit zum Einsatz von KI in der Verwaltung: "Verwaltungsmitarbeiter profitieren insbesondere von [...] weitreichender Unterstützung in den Entscheidungsprozessen. Aus Sicht der Bürger bietet sich so die Chance für schnellere Bearbeitungszeiten ihrer Anliegen und gleichmäßigere Entscheidungen. Die Verwaltung als Organisation kann zudem völlig neuartige Leistungsangebote realisieren, bei geringerem Personaleinsatz und verhältnismäßig niedrigen Kosten" (Etscheid, Lucke, Stroh 2020).

Die Denkfabrik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales stellt fest: "Insbesondere KI-Systeme bieten ein großes Potenzial für die Behörden der Arbeits- und Sozialverwaltung. Riesige Datenmengen können schnell ausgewertet und aufbereitet werden und so die Beschäftigten durch Empfehlungen und Entscheidungsvorlagen unterstützen. [...] So werden Bearbeitungszeiten verkürzt und die Verwaltung wird effizienter und effektiver." (Denkfabrik BMAS 2022)

Hier sehen wir aktuell bei der Bearbeitung von Wohngeldanträgen dringenden Handlungsbedarf. Die steigenden Antragszahlen fordern das Personal zusätzlich, während gleichzeitig die schnellstmögliche Auszahlung des Wohngeldes für viele Menschen unserer Stadt zwingend erforderlich ist, um nicht in die Privatverschuldung abzurutschen.

Darüber hinaus kann KI im Bürgerservice beispielsweise für automatisierte Antragsverarbeitungen und als virtueller Assistent (KI-Chatbot) für Mitarbeitende und Bürger*innen eingesetzt werden. In der Ausländerbehörde ist der Einsatz von KI u. a. zur Spracherkennung und -verarbeitung als auch zur automatisierten Dokumentenprüfung sinnvoll. Im Baurechtsamt kann KI z. B. für die Risiko- und Geodatenanalyse, für eine automatisierte Prüfung von Bauplänen oder eine digitale Aktenverwaltung eingesetzt werden. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Fachämtern und dem Amt für Digitalisierung, Organisation und IT ist hierfür zielführend.

Positivbeispiele für den Einsatz von KI in der Verwaltung existieren bereits flächendeckend. Der Einsatz von KI sollte daher für einzelne Fachämter kein generelles Tabuthema sein. In Berlin-Schöneberg unterstützt die KI beispielsweise die Mitarbeiterschaft, eine soziale Durchmischung der Schülerschaft an Schulen sicherzustellen. Bei der Stadt Soest werden Aufnahmen von Straßenbefahrungen mit Hilfe von KI ausgewertet, um den Straßenzustand zu erfassen.

Der Einsatz von KI signalisiert den Willen der Stadt, modernste Technologien zu nutzen und den Bürger*innen innovative Lösungen anzubieten. Dies kann das Image der Stadtverwaltung als fortschrittliche Institution stärken, was sich wiederum positiv auf die Personalgewinnung auswirken sollte.

Quellen:

[Etscheid, Lucke, Stroh 2020]: Autoren: Jan Etscheid, Jörn von Lucke, Felix Stroh (2020) Herausgeber: Wilhelm Bauer, Oliver Riedel, Steffen Braun. Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung: Anwendungsfelder und Szenarien. Fraunhofer IAO, 2020. DOI: 10.24406/publica-fhg-300105

[Die Denkfabrik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 2022]: https://www.denkfabrik-bmas.de/projekte/ki-in-der-verwaltung/ki-und-die-verwaltung-von-morgen-die- potenziale-sind-enorm (abgerufen am 23.06.2023)

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