19/2023 | Finanzielle Wertschätzung für alle Kita-Mitarbeitenden und in der Schulkindbetreuung – Ausweitung des Tarif+ und der SuE-Zulage

Interfraktioneller Antrag von PULS und SPD

Die Industrie- und Handelskammer Baden-Württemberg prognostiziert, dass der Anteil an Fachkräften bis 2035 um 30 Prozent sinken wird. Pro Jahr fehlen uns dann knapp 400.000 qualifizierte Arbeitnehmer*innen (1). Dieser Mangel zeichnet sich nicht zuletzt im Erziehungsbereich ab. Dabei hätte es einen doppelten Vorteil insbesondere Berufe im Sozial- und Erziehungsbereich zu fördern: ausreichendes Personal sorgt nicht nur für eine optimale Qualität der Kindertagesstätten, eine gesicherte Kinderbetreuung ermöglicht es Elternteilen neu oder umfänglicher ins Berufsleben einzusteigen (2). Das würde sich vorteilhaft auf den Fachkräftemangel in weiteren Bereichen auswirken. Gerade in Stuttgart liegt der Bedarf an Ganztagesbetreuung in allen Altersgruppen weit über dem Landesdurchschnitt (3).

Die LHS unternimmt bereits vielfältige Anstrengungen, um dieser Problematik Herrin zu werden. Der Tarif+ spielt als eine der Maßnahmen zur Personalgewinnung und -erhaltung im Bereich der Stuttgarter Kitas eine wichtige Rolle. Die Resonanz fiel nach Einführung der Zulage im Jahr 2014 positiv aus. Laut GRDrs 638/2016 hatten sich die Bewerbungen in nur zwei Jahren verdoppelt, die Fluktuation wurde deutlich reduziert (4). Auch aufgrund dieses Erfolges profitieren Erzieher*innen im Gruppendienst noch heute von der Zulage (5).

Die Situation in der Kinderbetreuung hat sich seitdem jedoch verschärft. Gerade Führungskräfte werden durch den Fachkräftemangel sowie den Verwaltungsaufwand besonders belastet. Gleichzeitig sind sie vom Tarif+ ausgenommen, da dieser lediglich Angestellten bis zur Entgeltgruppe S 8b zusteht. Auch in den letzten Tarifverhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst wurden die Bedarfe dieser nicht berücksichtigt – sie profitieren in aller Regel nicht von der Gewährung der SuE-Zulage. Dies schmälert den finanziellen Anreiz, eine Leitungsposition zu übernehmen, deutlich. Der Mehraufwand einer Leitungsposition ist gar finanziell kaum noch zu rechtfertigen. Auch sorgt dieses Missverhältnis für ein Gefühl der Ungleichbehandlung unter den Mitarbeitenden, ungeachtet der bereits bestehenden schwierigen Rahmenbedingungen. Leiter*innen müssen neben ihren erzieherischen Aufgaben im Gruppendienst, ein hohes Maß an Organisations-, Zeitund Zielmanagement aufbringen sowie krankheitsbedingte Defizite im Personal ausgleichen. Kollegiale Verhältnisse sind gerade im sozialen Wesen oft fragil, was unter anderem auf den Rollenkonflikt einer Führung im Erziehungsbereich zurückzuführen ist (6).

Dabei ist das leitende Personal für die bevorstehenden notwendigen Veränderungen in der Kita-Landschaft ein entscheidender Funktionsträger. Die Fülle der Belastungsfaktoren muss deshalb mit einer entsprechenden finanziellen Wertschätzung bedacht werden.

Neben dem Kita-Bereich erwarten uns im Bereich der Schulkindbetreuung große Herausforderungen. Durch fehlendes Personal kann die außerunterrichtlichen Betreuung an den Schulen durch sozialpädagogische Fachkräfte aktuell kaum sichergestellt werden. Außerdem ist perspektivisch der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung zu erfüllen. Auch wenn die Bewilligung von Zulagen allein nicht ausreichen wird, ist es notwendig alle Maßnahmen zur Personalgewinnung und -erhaltung zu ergreifen und den Anreiz der Zulage des Tarif+ auch in diesem Arbeitsfeld zu setzen.

Deshalb beantragen wir:

1. Die Ausweitung des Berechtigtenkreises des Tarif+ für alle SuE-Beschäftigte in den Kindertagesstätten, die bisher keine Tarif+-Zulage erhalten.

2. Die Ausweitung des Tarifs+ für den Bereich der Schulkindbetreuung in Ganztagsschulen und in Schülerhäusern.

3. Die Gewährung der SuE-Zulage für die bisher nicht berücksichtigten Beschäftigten, entsprechend des letzten Tarifabschlusses SuE 2022.

4. Die Gewährung der Zulagen erfolgt rückwirkend ab 01.01.2023 bis zunächst 31.12.2025.

5. Die Verlängerung des bestehenden Tarif+ zunächst bis 31.12.2025.

6. Die Verwaltung wird beauftragt, bis zur Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 6. März 2023, die finanziellen Auswirkungen dieses Antrages in einer Beschlussvorlage darzustellen.

7. Die Verwaltung berichtet rechtzeitig zu den Haushaltsplanberatungen 2026/2027 über die aktuelle Personalsituation im o.g. Bereich, um sachgerecht über eine eventuelle Fortsetzung der Zulage oder alternative Maßnahmen entscheiden zu können.

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