408/2022 | Anwendung des Genderleitfadens in der Verwaltung – Erfahrungen und Wirkung
Mit der Mitteilungsvorlage 277/2020 von Juni 2020, hat sich die Verwaltung mit Bezug auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil (Aktenzeichen (Az.) 1 BvR 2019/16) aus dem Jahr 2017, dafür ausgesprochen, durch eine entsprechende Verwaltungssprache alle Geschlechtsidentitäten anzusprechen. Dabei handelte es sich um die Einführung eines Leitfadens, den alle in der Verwaltung tätigen Personen und Abteilungen auf freiwilliger Basis heranziehen können, für einen diskriminierungsfreien Umgang mit allen Menschen inner- und außerhalb der Verwaltung.
In der Vorlage wird der Gender-Star als eine zulässige Variante vorgeschlagen, wobei der Leitfaden sich für genderneutrale Formulierungen ausspricht. Diese verzichten sowohl auf das generische Maskulinum als auch auf den Gender-Star und verwenden stattdessen Formulierungen, die keinen Geschlechtsbezug aufweisen.
Mit dieser Umsetzung war Stuttgart zwar keine Vorreiterin, jedoch vorne dabei. Inzwischen haben viele weitere Kommunen und Institutionen Leitfäden und Satzungen verabschiedet, so bspw. „Die Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaften“ [1].
Der aktuelle Forschungsstand zeigt: „dass grammatisch männliche Personenbezeichnungen im Sprachverständnis oft nicht neutral, sondern eher als Referenzen auf männliche Personen verstanden werden.“ Und „Richtlinien gelten aber immer nur für sprachliche Äußerungen aus dem jeweiligen institutionellen Kontext. Im privaten Gebrauch wird niemand gezwungen, eine bestimmte Sprachform zu verwenden. Selbst wenn der Rechtschreibrat den Genderstern oder andere Möglichkeiten geschlechtergerechter Sprache als normgerechte typografische Zeichen innerhalb von Wörtern in das Regelwerk aufnehmen würde, wäre das keine Empfehlung für geschlechtergerechte Sprache. Es wäre nur eine Abbildung des Sprachwandels, der längst stattfindet.“ [2]
Darum ist nach nun mehr als zwei Jahren, einerseits der Zeitpunkt günstig zu prüfen, inwieweit sich positive Erfahrungen im Umgang mit Mitarbeitenden als auch mit der Bevölkerung zeigen konnten. Andererseits ist eine Prüfung der Leitlinie und ihrer Werkzeuge in Bezug zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und mögliche Präzisierungen auf Basis der gemachten Erfahrungen angezeigt.
Wir beantragen:
Wir beantragen einen schriftlichen Bericht mit Vorstellung im Verwaltungsrat durch die Stabstelle Individuelle Chancengleichheit über:
- Erfahrungen aus den Referaten, besonders dem Bürgerbüro
- Erfahrungen bei Bewerbungen und Einstellungen
- Rückmeldungen aus der Bevölkerung
- Aktuelle Forschungslage zum Einsatz geschlechtsinklusiver Sprache
[1] https://dgfs.de/de/assets/content/Dokumente/Satzungen/Satzung-DGfS-2022.pdf
[2] https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/geschlechtergerechte-sprache-2022/346089/zumutung-herausforderung-notwendigkeit/