195/2020 | Entschlossener gegen den Klimawandel vorgehen

Interfraktioneller Antrag mit Bündnis 90/Die Grünen, Die FrAKTION.

Hintergrund der Anfrage:

Die existentielle Klimakrise ist derzeit mächtig in den Hintergrund gedrängt. Corona zieht alle Energien und Aufmerksamkeit auf sich. Jedoch wissen wir: Gegen den Klimawandel wird es keinen Impfstoff geben. Das Thema fordert unsere höchste Aufmerksamkeit und wird drängender und drängender. Drei Beispiele:

• Neue Risikoabschätzungen von Meeresspiegelexperten halten mittlerweile frühere Abschätzungen des Weltklimarats für zu niedrig. Der Meeresspiegel droht bereits im Jahr 2100 weltweit einen Meter höher zu liegen als heute.

• In den zurückliegenden Wintermonaten haben wir einen neuen Winter-Wärmerekord aufgestellt. Die bisherige Rekordmarke wurde deutlich um spektakuläre 1,4 Grad übertroffen.

• Eine weitere Studie hat vor wenigen Wochen viel Aufmerksamkeit erhalten: Dreieinhalb Milliarden Menschen droht in 50 Jahren in Gebieten zu leben, in denen die durchschnittliche Temperatur über 29 Grad Celsius liegt. Im Jahr 2070 drohen 19 Prozent – ein knappes Fünftel! – der weltweiten Landfläche durchschnittliche Temperaturen über 29 Grad zu haben, die Leben fast unerträglich machen. Heute sind es 0,8 Prozent.

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) der Bundesregierung hat deswegen unter Bezug auf die nicht mehr mangelnden Erkenntnisse über die dramatischen Folgen aktueller und drohender Umweltveränderungen in seinem im Mai 2020 erschienenen Bericht eine entschlossene Umweltpolitik für Deutschland eingefordert. Er empfiehlt der Bundesregierung u.a., ein deutsches CO2-Budget zu benennen, das mit dem Pariser Klimaschutzabkommen vereinbar ist und das aus dem weltweit noch zulässigen CO2-Budget möglichst fair und nach Leistungskraft auf die Nationen abgeleitet ist. Dann macht der SRU eine Rechnung auf, die auch unserer Politik für Stuttgart einen engen Rahmen vorgibt:

Lägen auch künftig in Deutschland die CO2-Emissionen so hoch wie im Jahr 2019, wäre das maximale Budget bereits 2029 aufgebraucht. Bei linearer Reduktion müsste Deutschland ab dem Jahre 2038 CO2-neutral wirtschaften, also nicht erst im Jahre 2050.

Die nächsten 10 – 15 Jahre werden entscheiden, wie heftig die Folgen des Klimawandels ausfallen werden. Und je früher wir entschlossen gegen den Klimawandel vorgehen, desto weniger schwer werden uns die Auswirkungen treffen. Bei der Verabschiedung des Maßnahmenpakets Klimaschutz am Ende des letzten Jahres haben wir auch einen CO2-Preis in Höhe von 50 Euro/Tonne CO2 bei allen Wirtschaftlichkeitsberechnungen berücksichtigt. Damit sollte der Einfluss von Maßnahmen auf das Klima und die ausgelösten Kosten transparent dargestellt und eine lenkende Wirkung entfaltet werden. Vor dem Hintergrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und den Empfehlungen des SRU halten wir ein entschlosseneres Vorgehen für erforderlich.

Wir beantragen:

1. Der allen Wirtschaftlichkeitsberechnungen zugrunde zu legende CO2-Preis von 50 Euro je Tonne wird dynamisiert und künftig jährlich um 15 Euro je Tonne erhöht.

2. In einem Bericht im Herbst 2022 stellt die Verwaltung die Wirksamkeit dieses Instruments dar und schlägt ggf. weitere Anpassungen vor.

3. Der Antrag wird in der Sitzung des Gemeinderats am 28.05.2020 bei der Behandlung der Vorlage 1493/2019 „Städtische Vorgaben im Energiebereich – Aktualisierung des städtischen Energieerlasses und Anpassung an die Energieeinsparverordnung 2014“ aufgerufen.

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