183/2020 | Soziale Infrastruktur in der Eingliederungshilfe sichern – Keine Kürzungen infolge Corona-bedingter Schließungen von Diensten und Angeboten für Menschen mit Behinderung

Interfraktioneller Antrag mit Bündnis 90/Die Grünen, Die FrAKTION, SPD, FDP.

Hintergrund der Anfrage:

Auf der Grundlage der Verordnungen der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV2 (CoronaVO) sind auch Einrichtungen der Eingliederungshilfe geschlossen und Dienste untersagt, z.B. Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), tagesstrukturierende Maßnahmen, Sonderpädagogische Beratungs- und Betreuungszentren (SBBZ) mit Internat, Inklusionshelfer*innen, Schulbegleitung an Regelschulen und SBBZ sowie Fahrdienste. Mit Schreiben vom 9.4.2020 hatte der Städtetag die Kommunen aufgefordert, diese Angebote weiter zu finanzieren, mit dem Rundschreiben 29/2020 vom 17.4.2020 allerdings revidiert: Gleichwohl in diesem Rundschreiben auch auf alternative Leistungserbringung hingewiesen wird, wird den Städten und Kommunen empfohlen, die Weiterzahlung der Vergütungen auf 75 % der erbrachten Leistung zu beschränken. Mit Schreiben vom 29.4.2020 der Stadtverwaltung an die Freien Träger wird deutlich, dass die Verwaltung diesen Empfehlungen des Städtetags folgen will.

Aktuell haben die Stuttgarter Träger der Eingliederungshilfe mit Schreiben vom 12. Mai 2020 an die Verwaltung und den Gemeinderat umfassend und nachvollziehbar dargelegt, dass sie in den unterschiedlichen Handlungsfeldern in den Schließzeiten sehr wohl und teilweise sogar mit zusätzlichen Ressourcen alternative Leistungen erbracht haben wie z.B. Notfallbetreuungsangebote. Zudem müssen die Träger ihre Infrastruktur vorhalten, um - wie dies bereits jetzt schon wieder stufenweise der Fall ist - nach Wiedereröffnung ihre Leistung umgehend wieder erbringen können.

Wir sind der Meinung, dass analog anderer sozialer Handlungsfelder wie Kindertageseinrichtungen (vgl. GRDrs. 359/2020), Jugendhilfeangebote (vgl. GRDrs. 318/2020) oder Betreuungsangebote an Schulen (vgl. GRDrs. 345/2020) auch die Einrichtungen und Dienste der Eingliederungshilfe zu unterstützen sind. Die Verwaltung begründet die Weiterförderung der Stuttgarter Jugendhilfeangebote in freier Trägerschaft wie folgt: "Nach Ende der Einschränkungen durch die CoronaVO ist es unerlässlich, dass die freien Träger der Jugendhilfe ihre Angebote im regulären Umfang sofort wieder erbringen können. Insofern ist es unverzichtbar, dass sie ihre Strukturen durch eine uneingeschränkte Weiterförderung aufrecht erhalten können." Dies gilt auch für die Behindertenhilfe.

Wir beantragen deshalb:

1. Die Stadt Stuttgart zahlt weiterhin bis zum Ende der angeordneten Schließungen auf der Grundlage der mit den Trägern jeweils vereinbarten Verträge zu 100% die Vergütungen und Zuschüsse für die Angebote der WfbM, die sog. "besonderen Wohnformen", die tagesstrukturierenden Angebote, die SBBZ mit Internat, die Schul- und Kindergartenbegleitungen, die Nachmittagsbetreuung an Schulen, die Begegnungsstätten sowie die Familienentlastenden Dienste. Hierfür sind keine Mehraufwendungen erforderlich (im städtischen Haushalt 2020/2021 sind rd. 120 Mio. € p.a. für die Eingliederungshilfe eingestellt).

2. Im Falle freiwilliger Kurzarbeit wird den Trägern gestattet, das Kurzarbeitergeld auf 100 % des bisherigen Nettolohns aufzustocken. Die Personalkosten sind nach den bisherigen Bedingungen unter Anrechnung des Kurzarbeitergeldes förderfähig.

3. Die Stadt übernimmt - analog den GRDrs. 345/2020 sowie 359/2020 - den Ausfall der Teilnehmerbeiträge für die Angebote der Familienentlastenden Dienste sowie für die Angebote der Bildungs- und Begegnungsstätten.

4. Die Verwaltung wird beauftragt, mit den Dienstleistern der Sonderfahrdienste - analog der GRDrs. 264/2020 - auf der Grundlage des SodEG eine Regelung zum anteiligen Ausgleich der Einnahmeausfälle zu vereinbaren.

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