Verena Hübschs Rede zum Doppelhaushalt

Am 20. Oktober 2021 haben alle Fraktion im Gemeinderat ihre Reden gehalten, in denen sie die Schwerpunkte ihrer Anträge präsentiert haben.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Nopper, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,

ich bin Verena Hübsch und freue mich, heute für unsere Fraktionsgemeinschaft PULS sprechen zu dürfen.

Mittlerweile sind wir ja auch schon zwei Jahre als Fraktionsgemeinschaft, bestehend aus der Partei Die PARTEI, den Stadtisten und der Jungen Liste Stuttgart, mit im Gemeinderat vertreten - und nun seit diesem Sommer noch um ein Fraktionsmitglied, nämlich Christoph Ozasek, an Erfahrung und Personenstärke reicher geworden. Innerhalb unserer jungen Fraktion bin ich nochmals neuer und freue mich umso mehr, heute unseren Beitrag zur Haushaltsdebatte zu halten.

Wie bereits vor zwei Jahren, möchten wir auch in diesem Jahr, eine konstruktiv-pragmatische Rolle einnehmen, eigene Ideen einbringen und gleichzeitig offen für gute Vorschläge der anderen Fraktionen sein.

Mir ist wichtig zu betonen, dass alle unsere Ideen und Anträge sich in einem machbaren finanziellen Rahmen befinden. So handelt es sich des Öfteren auch nicht um riesige Summen, sondern eben auch um viele kleinere Projektideen, welche eine Bereicherung für die Stuttgarter Stadtgesellschaft darstellen.

Uns ist natürlich bewusst, dass die Entscheidungen hier in den Händen des Haushaltsbündnisses liegen. Aus diesem Grund hoffe ich sehr, dass trotzdem einige unserer Vorstellungen bei Ihnen Anklang finden und sich durch Ihre Unterstützung umsetzen lassen.

In guten Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen konnten wir uns einen Überblick über die angedachten Projekte verschaffen und sind in vielen Themen ganz guter Dinge. Denn am Ende geht es um die Sache und die Stadt, und nicht um Zankereien zwischen den Fraktionen.

Werfen wir kurz einen Blick zurück: Nach den ersten eifrigen Umsetzungen des frisch beschlossenen Doppelhaushalts Ende 2019 hat uns hat uns schon bald der Ausbruch der Corona-Krise ergriffen. Für alle waren die letzten beiden Jahre eine Herausforderung – auch aus finanzieller Sicht. Dennoch begrüßten wir die Entscheidung sehr, dass der letzte Haushalt trotzdem vollumfänglich bewilligt wurde.

In den diesjährigen Beratungen kommen noch einmal ganz andere Herausforderungen auf uns zu. Dazu müssen wir mit vielen Vorbelastungen aus

bereits beschlossenen Maßnahmen beschäftigen – von denen sich auch einige auf der Grünen Liste befinden.

Nichtsdestotrotz ist es uns wichtig zu betonen, dass viele Vorschläge aus der Grünen Liste sehr unterstützenswert sind. Zum Beispiel

* die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Kita-Betreuung,

* Maßnahmen des Haushaltspakets Inklusion 3.0 und die

* Fortsetzung des 365-Euro Tickets für Schülerinnen und Schüler, sowie Azubis.

Auch die generellen Maßnahmen zur Personalgewinnung und insbesondere Personalerhaltung erachten wir als besonders essentiell, da sich immer wieder zeigt, dass eine Stadtverwaltung nur so gut ist wie ihre Mitarbeitenden.

Das finden wir alles super - Dennoch weist der momentane Haushaltsentwurf unseres Erachtens nach viele Lücken auf die wir mit unseren Anträgen schließen wollen.

Im Folgenden möchte ich nun kurz auf die Themen und die Projekte eingehen, die uns besonders am Herzen liegen. Viele davon konnten wir kontinuierlich seit zwei Jahren verfolgen, andere sind uns über die Zeit hinweg wichtig geworden.

Werfen wir nun einen gemeinsam einen Blick darauf:

Ein total wichtiger Bereich ist der Klimaschutz. Es ist ein Fakt, dass Stuttgart die ersten Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen hat. Wir alle haben noch die Bilder im Kopf als der extreme Starkregen die Stuttgarter Innenstadt überflutet und der Oper das Dach vom Kopf gepustet hat.

Das Thema Klimawandelfolgenanpassung wird uns also in den nächsten Jahren immer stärker beschäftigen. Die Erstellung eines Hitze-Aktionsplans zum Schutz vor Hitzewellen im Rahmen des Aktionsplans Klimaschutz halten wir daher für sehr dringlich.

Wir wollen aber nicht nur bei theoretischen Plänen bleiben, sondern schnellstmöglich ins Handeln kommen. Mit unseren Anträgen, wie beispielsweise zu nachhaltigen Beschaffung in der Verwaltung oder den Willkommensbäumen für Neugeborene können wir direkt in die praktische Umsetzung gehen.

Ein weiterer großer Baustein für das Thema Klima, den ich hier noch nennen möchte, ist der Aspekt der Ernährung und für uns auch der ehrenamtliche Verein

foodsharing e.V. Mit unserem eingebrachten Antrag möchten wir, dass die Stadt eine inhaltliche Gesamtkonzeption für eine nachhaltige Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung und für mehr Lebensmittelwertschätzung in Stuttgart erstellt.

Die Anhebung des Rad-Etats kann wir nicht nur zu einer klimafreundlichen Stadt beitragen, sondern endlich eine ausgeglichene Flächenverteilung für alle Verkehrsteilnehmenden schaffen. Die Stärkung des Fußverkehrskonzepts gehört hier entsprechend genauso genannt.

Mit kreativen Lösungen möchten wir bestehende Probleme im Bereich der Stadtplanung und Stadtentwicklung angehen - zum Beispiel im Umgang mit Leerstand.

Dafür beantragen wir ein kuratiertes Erdgeschosszonenmanagement.

Durch den strategischen und gezielten Erwerb von Schlüsselflächen - gerade im Erdgeschossbereich – und durch eine nicht-rendite-orientierte Vermietung nach Konzeptqualität möchten wir eine attraktive Nutzung dieser Flächen ermöglichen.

Außerdem beantragen wir das Durchführen einer Machbarkeitsstudie, um dem Mangel an Wohnraum und der Flächenknappheit kreativ entgegenzuwirken und Laden- und Büroleerstände übergangsweise für Pioniernutzungen und innovative Wohnformen bereitzustellen.

Beide Aspekte können Quartierszentren revitalisieren, das Nachbarschaftsgefühl stärken und ein Problemlöser für das Thema Leerstand sein.

Als ein sehr gelungenes Projekt in Sachen Beteiligung möchten wir das IBA Projekt “Zukunft Leonhardsvorstadt” hervorheben. Der gute Prozess unter großem ehrenamtlichem Engagement hat uns Erkenntnisse über verschiedene Formate der Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung und die experimentelle und partizipatorische Stadtentwicklung geliefert.

Mit der Entwicklung des Freizeitkonzepts “Stuttgarter Wald” wird derzeit, ebenfalls unter Beteiligung vieler verschiedener Interessensgruppen, ein gemeinsam getragenes Konzept erstellt, dessen Umsetzung wir unbedingt unterstützen.

Im sozialen Bereich setzen wir uns für viele Anträge, die von der Fachverwaltung vorgeschlagen wurden ein. Beispielhaft möchten wir hier die

* Weiterentwicklung der Begegnungsstätten für Ältere Menschen,

* die Anträge zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen in Sozial- und Gemeinschaftsunterkünften,

* den Ausbau und die Verbesserung der Beratungs- und Hilfsangebote für Opfer von häuslicher- bzw. sexueller Gewalt sowie

* die verschiedenen Projekte der Suchthilfe nennen.

Und natürlich unterstützen wir auch die Haushaltsempfehlungen des Jugendamts beim Thema Personalgewinnung und –erhaltung – besonders im so wichtigen Kita-Bereich. Vielen Dank hierfür.

Wir schmücken uns mit dem Siegel der Kinderfreundlichen Kommune. Doch Insbesondere in der dichten Innenstadt sind die Räume zum Spielen und Kind sein rar.

Die Maßnahmen des Aktionsplans Kinderfreundliche Kommune setzen genau hier an - beispielsweise der Ausbau von verkehrsberuhigten Bereichen als öffentliche Plätze zum Spielen. Zusätzlich haben wir einen Antrag gestellt, um weitere Spielflächen im sogenannten City Bereich zu realisieren und unterstützen den Masterplan für urbane Bewegungsräume vollumfänglich.

Auch über die freien Träger*innen und Organisationen haben uns tolle Ideen erreicht, welche wir gerne unterstützen möchten.

Das interdisziplinäre Sport-jungend-sozialarbeits Projekt “Nachtschwärmer” des Sportkreis Stuttgarts, ist hier als nur eines von vielen zu nennen.

Gerade im Hinblick auf die Vorfälle im letzten Jahr müssen nun zusätzliche Angebote geschaffen werden, die einerseits dem Bedürfnis nach Action, Spannung und dem Ausleben der eigenen Körperlichkeit gerecht werden, gleichzeitig aber auch der Vermittlung von Werten wie Respekt, Toleranz und Akzeptanz dienen.

Ein weiterer wichtiger Baustein der Demokratieförderung ist die tolle und kreative Arbeit des Team Tormorrow e.V., dessen weiteren Fortbestand wir uns über viele viele Jahre wünschen.

Außerdem können wir von ihnen noch eine ganze Menge in Sachen Digitalisierung und Social-Media-Arbeit im politischen Kontext lernen.

Denken wir an die Kulturhauptstadt der Republik, denken wir dabei in erster Linie an die vielen Kunst- und Kulturschaffenden abseits von Oper, Ballett und Schauspiel. Letztere sind gut und wichtig, Erstere liegen uns besonders am Herzen.

Kultur gehört niemals gegeneinander ausgespielt, deshalb haben wir uns sehr über die weitgefächerten Haushaltsempfehlungen des Kulturamtes gefreut und sagen Danke.

Da uns die Maker City für die Zukunft der Kunst- und Kulturproduktion der Stadt besonders am Herzen liegt, beantragen wir die Interimslösungen für den Bauzug 3YG - besser bekannt als die Waggons - aus den Rücklagen „Kulturelle Infrastruktur” zu finanzieren. Denn unser Ziel ist es, dass sämtliche Institutionen rund um die Wagenhalle ihren Platz in der Maker City finden und/oder behalten. Zudem wünschen wir uns die Etablierung eines Begleitgremiums im Zuge der Zukunft der Maker City bestehend aus allen beteiligten Akteur*innen.

Wie Sie sehen, decken unsere Ideen und Anträge eine große Bandbreite ab, die sinnbildlich für die Themen stehen, die uns beschäftigen und wofür wir uns einsetzen - für eine vielfältige und bunte Stadtgesellschaft und eine Stadt für alle.

In diesem Sinne: Auf gute Nachbarschaft und vielen Dank fürs Zuhören.