0486/2024 AN | Stuttgart ist und bleibt eine sichere Stadt: Kriminalitätsursachen ermitteln und wirksam begegnen
Wir beantragen:
Die Verwaltung berichtet dem Gemeinderat im 4. Quartal 2024, welche Ressourcen für eine unabhängige kriminalwissenschaftliche Auswertung der folgenden Fragen benötigt wird:
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Welche personenbezogenen und/oder ortsbezogenen Ursachen und Auslöser liegen den Gewalttaten mit Messern und anderen Waffen in Stuttgart-Mitte im Jahr 2023 zugrunde?
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Welche kommunalen Handlungsfelder zur Kriminalitätsbekämpfung ergeben sich anhand der festgestellten Ursachen und Auslöser?
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Welche Ursachen und Auslöser können nicht mit kommunalen Mitteln bekämpft werden und worin liegt dies begründet?
Begründung:
Stuttgart ist eine sichere Großstadt - auch gefühlt wie die Ergebnisse der Stuttgarter Sicherheitsbefragung belegen. Damit dies so bleibt, gilt es, sich laufend mit den Ursachen und Auslösern von aktuellen Gewalttaten auseinanderzusetzen und auf dieser Basis wirksame Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung zu ergreifen.
Medial, insbesondere auf Social-Media, sind derzeit Gewalttaten mit Waffen im öffentlichen Raum sehr präsent. Entsprechende Taten haben sich in der nahen Vergangenheit auch in der Stuttgarter Innenstadt zugetragen. Aktuelle Erhebungen der Polizei stellen u. a. dar, dass sich im Jahr 2023 im Stadtbezirk Mitte 85 Messerangriffe ereignet haben - wobei die Statistiken offenlassen, wie viele dieser Taten im öffentlichen Raum stattfanden.
Dauerhafte Waffengewalt kann einen erheblichen Einfluss auf die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl nehmen. Ein verantwortungsvolles Vorgehen erfordert daher, diese aktuellen Gewaltfälle weder zu ignorieren noch zu politischen Zwecken zu emotionalisieren.
Anstatt sich alleinig auf die Ahndung von Ordnungsverstößen und Gewalttaten zu konzentrieren, müssen die dauerhaften Ziele unserer Stadt sein, dass Menschen unserer Stadt nicht in die Kriminalität abrutschen und einzelne Orte sich nicht zu Kriminalitäts-Hot-Spots entwickeln. Entsprechend müssen personenbezogene und ortsbezogene Gewaltursachen bekämpft werden.
Im Gegensatz zu vorliegenden Erkenntnissen zum Mitführen von Waffen [1] sind personenbezogene und ortsbezogene Ursachen und Auslöser der Taten mit Waffen in Stuttgart-Mitte Stand heute nicht in dem Umfang bekannt, dass unsere Stadt diesbezüglich bereits zielgenau Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung ergreifen kann. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass durch vorschnelles Handeln dauerhaft Geld in Maßnahmen gesteckt wird, die keine Wirksamkeit erzielen. Obwohl eine Mehrzahl der Täter keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, helfen einfache Thesen wie „Die Migranten sind schuld“ nicht weiter, denn sie stellen in unserer internationalen Stadt alle Personen mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht. Dabei ist wissenschaftlich widerlegt, dass die Staatsangehörigkeit Ursache oder Auslöser für Gewalttaten ist. In unserem Land werden 99,4 % der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit nie im Rahmen einer Gewaltstraftat tatverdächtig. [2]
Es ist daher wichtig, die personenbezogenen Hintergründe und die Tatorte der Gewalttaten mit Waffen in Stuttgart-Mitte wissenschaftlich auszuwerten, um festzustellen, inwieweit sich Handlungsfelder für die Stadtverwaltung ergeben. Dieser Aufgabe soll sich wie bei der Stuttgarter Sicherheitsbefragung ein unabhängiges wissenschaftliches Institut (wie z. B. das Institut für Delinquenz und Kriminalprävention der Züricher Hochschule oder das Institut der Kriminologie der Universität Heidelberg) annehmen, das der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat eine kriminalwissenschaftliche Auswertung der Gewalttaten darlegt und kommunale Handlungsspielräume aufzeigt, auf deren Basis wirksame Maßnahmen zur nachhaltigen Kriminalitätsbekämpfung ergriffen werden können.
[1] https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/panorama/messer-attacken-gewalt-gruende-psychische-probleme-alkohol-100.html
[2] https://www.praeventionstag.de/nano.cms/vortraege/id/6270