0436/2024 AN | Innovation für klimaneutralen Straßenbau: Anwendungsfelder definieren

Wir beantragen:

Das Tiefbauamt berichtet im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik zu möglichen Anwendungsfeldern innovativer und biobasierter Materialien im Straßen- und Wegebau.

Wir bitten hierzu folgende Fragen zu beantworten und konkrete Anwendungsfelder zu prüfen bzw. fachlich zu bewerten:

  1. Wie bewertet das Tiefbauamt grundsätzlich die Anwendungsmöglichkeiten von biobasiertem Bitumen im kommunalen Straßen- und Wegebau? Hierzu stellt die Verwaltung das Forschungsprojekt an der Stresemannstraße, aber auch den Einsatz anderer biobasierter Bindemittel aus regionalen Kreisläufen, wie Lignin aus der Holzwirtschaft, dar.
  2. Wie bewertet das Tiefbauamt den Modellversuch in der Olgastraße mit Einsatz von recyceltem Spiegelbruch? Lässt sich aus Sicht des Amtes ableiten, ob diese Deckschicht standardisiert bei der Herstellung des Hauptradrouten- und Radschnellwegenetzes, insb. in Landschafts- und Naturschutzgebieten, eingesetzt werden kann? Hierzu stellt die Verwaltung auch die fachliche Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde vor.
  3. Wie bewertet das Tiefbauamt den Einsatz fluoreszierender Zusätze im Straßen- und Wegebau, sowie fluoreszierender Farbpigmente für StVO-ergänzende Markierungen wie die Stuttgarter türkisblau-Farbe? Hierzu prüft die Verwaltung ebenfalls als konkreten Anwendungsfall den Einsatz bei der Herstellung des Hauptradrouten- und Radschnellwegenetzes und stellt die Einschätzung der Unteren Naturschutzbehörde dar.
  4. Können die unter Punkt 2./3. genannten Anwendungsfelder konkret in aktuell laufende Radwegeplanungen eingehen, um Erfahrungswerte zu gewinnen?

Begründung:

Das Forschungsfeld, Bitumen auf der Basis von Erdöl mit nachwachsenden Rohstoffe zu ersetzen, ist im zurückliegenden Jahrzehnt weit vorangeschritten. Asphalt besteht zu 5 Prozent aus Bitumen. Bei einem Gewicht von 2,4 Tonnen je Kubikmeter Asphalt ist die eingesetzte Menge des fossilen Bindemittels immens. Allein im Straßenbau Deutschlands entspricht dies jährlich etwa 2 Millionen Tonnen Bitumen. Mit dem Antrag 5085/2023 hat PULS die Notwendigkeit einer Konzeption zu klimaneutralem und zirkulärem Tiefbau unterstrichen, um das Klimaneutralitätsziel 2035 zu verwirklichen und verborgene Emissionen (Scope 3) in der Klimabilanz schrittweise zu reduzieren.

Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass sich das Tiefbauamt der Aufgabenstellung der Dekarbonisierung annimmt, und mit dem Einsatz von Bioasphalt aus Cashewschalen in der Stresemannstraße erstmals Erfahrungen sammelt und hierzu wissenschaftliche Expertise der HfT hinzuzieht.

Sehr innovativ war 2022 ebenfalls der Einsatz von recyceltem Spiegelbruch in der Asphaltdeckschicht der Olgastraße. Auf 40 Metern wird so die Ausleuchtung verbessert, mit dem Ziel, sicherheitsrelevante Abschnitte des Wegenetzes auszugestalten, aber auch um eine Energieersparnis sowie eine Verbesserung des Stadtklimas durch Verringerung der thermischen Überlastung auf den stark versiegelten Flächen zu erzielen. Hier sehen wir insbesondere die Möglichkeit, Außerortsabschnitte des Hauptradrouten- und Radschnellwegenetzes auszurüsten, um den Einsatz von Kunstlicht zu verringern - was im Sinne des Artenschutzes geboten ist.

Ebenfalls innovativ wäre der Einsatz fluoreszierender Zusätze in den Deckschichten, oder der Einsatz fluoreszierender Farbpigmente, um Wege gut sichtbar zu markieren. Die polnische Stadt Lidzbark Warminski erprobte beispielsweise vor mehreren Jahren in Zusammenarbeit mit dem Institut TBA selbstleuchtende Fahrbahnen. Hier sehen wir, vor dem Hintergrund der Kritik der Radverbände bei künftig nicht mehr beleuchteten Radwegeabschnitten in Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten, ebenfalls ein mögliches Anwendungsfeld – zumindest für ein Pilotvorhaben mit wissenschaftlicher Begleitung. Sollte sich ein solcher Ansatz auch unter naturschutzfachlicher Sicht bewähren, könnte sich damit der Zielkonflikt wie an der Kirchheimer Straße auflösen lassen.