0189/2024 AN | Die Verkehrsteilnahme von Kindern und Jugendlichen stärken: Wie werden Stuttgarts Schulwege sicherer?
Wir beantragen:
Das Amt für Stadtplanung und Wohnen und das Amt für öffentliche Ordnung berichten möglichst am 15.10.2024 oder in der darauffolgenden Sitzung im Unterausschuss Mobilität:
1. Über welche Daten verfügt die Verwaltung insgesamt oder zu einzelnen Schulen, auf welche Weise (zu Fuß, Fahrrad, ÖPNV, „Eltern-Taxi“) Kinder und Jugendliche ihr Schulgebäude erreichen?
2. Die Verwaltung stellt dar, wie sie auf Gefahrenmeldungen der Aktion „Achtung, Schulweg!“ reagiert:
a. Welche wirksamen Maßnahmen kann die Verkehrsplanung und Verkehrsüberwachung zur kurzfristigen Behebung einzelner Gefahrenstellen ergreifen?
b. Wie fließen die gemeldeten Gefahrenstellen, die nicht sofort behoben werden können, in die zukünftige Verkehrsplanung und Verkehrsüberwachung ein?
3. Die Verwaltung stellt dem Unterausschuss das Pariser Schulstraßen-Modell und vergleichbare Projekte, die in anderen deutschen Städten bereits umgesetzt wurden bzw. sich aktuell in Stuttgart in der Planung befinden, vor.
4. Die Verwaltung stellt ihr Radkonzept für Schulen vor:
a. Wie viele neue Radschulwegpläne will die Stadtverwaltung pro Jahr veröffentlichen?
b. Welche Stadtbezirke sollen in welchem Jahr eine Radschulwegeplanung erhalten?
c. Welche Stadtbezirke verfügen über keine sichere Radinfrastruktur für Kinder und Jugendliche, so dass aktuell keine Radschulwegeplan aufgestellt werden kann?
d. Welche Schulen haben bisher auf das Förderprogramm „Rad und Schule“ zurückgegriffen und was wurde konkret gefördert?
5. Die Verwaltung gibt eine Übersicht über den aktuellen Stand der Verkehrsüberwachung:
a. Über wie viel Personalstellen verfügt die Verkehrsüberwachung?
b. Wie viele dieser Personalstellen sind Stand 01.10.2024 unbesetzt?
c. Zu welchen Zeiten wird das Personal der Verkehrsüberwachung in der Regel tätig?
d. An wie vielen Tagen hat die Verkehrsüberwachung im Jahr 2023 Schulwege kontrolliert?
e. Wie viele Gefährdungsparkverstöße (Parken im Kreuzungsbereich, Parken auf Rad- und Gehwegen, etc.) und wie viele Gebührenparkverstöße hat die Verkehrsüberwachung im Jahr 2023 geahndet?
f. Welche (digitalen) Möglichkeiten bestehen derzeit für Bürger*innen, Verkehrsverstöße und Gefahrenstellen der Verkehrsüberwachung zu melden?
g. Wie viele Meldungen von Bürger*innen gingen 2023 bei der Verkehrsüberwachung zu Schulfußwegen und Schulradwegen ein?
h. Welche Ressourcen benötigt das Amt für öffentliche Ordnung um eine digitale Verkehrsüberwachung z. B. mit ScanCars in Stuttgart zu implementieren?
Begründung:
Egal ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad - Kinder und Jugendliche haben das Anrecht, sich sicher im Verkehr bewegen zu können, denn sie nehmen wie Erwachsene täglich am Verkehr teil. Eine aktuelle Erhebung für das Deutsche Kinderhilfswerk, den Verkehrsclub VCD und den Verband Bildung und Erziehung zeigt jedoch auf, dass sich in Großstädten 24% der Kinder und Jugendlichen weniger oder gar nicht sicher auf dem Schulweg fühlen. Dass in Stuttgart die Lage vermutlich noch kritischer ist, zeigt die derzeitige Aktion „Achtung, Schulweg!“ der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten in Kooperation mit dem Recherchenetzwerk CORRECTIV. Obwohl die Aktion erst seit wenigen Wochen läuft, wurden von Stuttgarter Bürger*innen bereits fast 1.000 Gefahrenhinweise auf Schulwegen gemeldet.
Schon vor diesen Erhebungen hatte unsere Gruppierung PULS auf die Gefahrensituationen vor Stuttgarter Schulen hingewiesen. Insbesondere sehen wir auf Fußwegrouten im direkten Umkreis von Schulgebäuden die Verkehrssicherheit für Kinder nicht als gegeben an. „Eltern-Taxis“, die einerseits eine Reaktion auf die fehlende Schulwegesicherheit sind, verschärfen andererseits die Gefahrenlage im Schulumfeld. Mit unserem Antrag „Walkable City“ (5036/2023 Nr. 7) hatten wir beantragt, dass das Amt für Stadtplanung und Wohnen eine konzeptionelle Planung zur dauerhaften verkehrsberuhigten Umgestaltung von „Schulstraßen“ nach Pariser Modell vornimmt. Die Verwaltung hatte daraufhin mitgeteilt, dass bereits an vergleichbaren Projekten wie in Paris gearbeitet werde und diese im Jahr 2024 im Unterausschuss Mobilität vorgestellt werden sollen (GRDrs. 1304/2023).
Mit dem Fahrrad stellen sich Stuttgarter Schüler*innen dagegen nicht die Frage nach einzelnen Gefahrenstellen, sondern ob ihre Schule überhaupt sicher mit dem Rad erreicht werden kann. Aktuell stellt die Stadtverwaltung als Pilot ausschließlich für die Stadtbezirke Weilimdorf und Vaihingen Radschulwegpläne zur Verfügung. Weitere Radschulwegpläne - z. B. für Bad Cannstatt - befinden sich in Arbeit. Eine konkrete Planung mit Zeitzielen, wann welcher Stadtbezirk einen Radschulwegplan erhalten soll, ist nicht bekannt.
Neben der Verkehrsplanung nimmt eine wirksame Verkehrsüberwachung eine gewichtige Rolle ein, Schulwege zu sichern. Insbesondere Geschwindigkeitsüberschreitungen, Verstöße an Fußgängerüberwegen als auch Parkverstöße gefährden Schüler*innen auf ihrem Weg zur Schule. Ob die Sicherung der Schulwege bei der Verkehrsüberwachung der Stadtverwaltung jedoch genügend Ernst genommen wird, stellt die Kidical Mass im Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 05.09.2024 „Zugeparkte Schulwege sind eine Gefahr – doch wird das morgens kontrolliert?“ zu Recht in Frage. Die im Artikel enthaltene Stellungnahme der Verkehrsüberwachung, dass sich der Fokus der städtischen Kontrolle auf Zeiten nach Schulbeginn und gebührenpflichtige Parkplätze richte, scheint diese Kritik nämlich zu bestätigen. Doch nicht nur eine Anpassung der Kontrollzeiten und –orte kann zur größeren Sicherheit von Schulwegen beitragen. Das neue Landesmobilitätsgesetz wird voraussichtlich eine digitale Parkraumüberwachung z. B. mit ScanCars ermöglichen. Ebenso wichtig ist, dass die Stadtverwaltung Bürger*innen effektive (digitale) Meldemöglichkeiten von Verkehrsverstößen und Gefahrenstellen zur Verfügung stellt. Wie das gehen könnte, zeigt die aktuelle Aktion „Achtung, Schulweg!“ auf.
Gezeichnet:
Christoph Ozasek, Ina Schumann, Thorsten Puttenat